In dieser Serie stellen wir in loser Reihenfolge ungewöhnliche Nachbarn vor

Stadt-Bewohner · Pfiffiges Kabarett in Jörg Maurers »Unterton«

Zuerst machte er Schultheater, dann wurde er selbst Lehrer - und schließlich Satiriker: Jörg Maurer hat den Kabarettpreis der Stadt gewonnen. Foto: Archiv

Zuerst machte er Schultheater, dann wurde er selbst Lehrer - und schließlich Satiriker: Jörg Maurer hat den Kabarettpreis der Stadt gewonnen. Foto: Archiv

Schwabing · Ihn überhaupt zu finden, ist die erste Herausforderung, vor der man steht, ist man mit dem 52-jährigen Jörg Maurer verabredet. An seiner Adresse, der Kurfürstenstraße 8, geht’s zunächst nach links, dann weiter zum Hinterhaus – und runter in ein dunkles Kellergewölbe, wie man es im schicken Schwabing nicht vermutet hätte.

Nachdem man die Stufen hinabgestiegen ist, gilt es, sich durch verwinkelte Gänge zu schlagen – bis man endlich in den Tiefen von Maurers »Unterton« ankommt, wie das Podium für Literatur-, Musik- und Theatersatiren heißt. Als Lohn aber für den waghalsigen Sprung in eine andere Welt empfängt einen ein hochgewachsener Mann mit einem strahlenden Lächeln und lustigen Haaren, die in alle Himmelsrichtungen zeigen.

So verwinkelt wie sein Haar und sein Haus ist übrigens auch der Weg, der Maurer selbst in den »Unterton« geführt hat: »Alles begann im Schultheater«, erzählt der Satiriker, der in Garmisch-Partenkirchen geboren wurde – und schmunzelt: Als Schüler nämlich hatte Maurer den Ehrgeiz entwickelt, eine Hauptrolle zu spielen. Der damals zuständige Lateinlehrer aber war von Maurers Talent nicht überzeugt: »Du bist ein zu blasser Typ für die vorderste Reihe!«, lautete die Abfuhr. Das war der Startschuss für Maurers Karriere, denn mit einem »Jetzt erst recht!« gründete er seine eigene Schul-Theatergruppe – und ist seitdem dran geblieben an der Schauspielerei.

Für sein Germanistikstudium ist er schließlich nach München gezogen, fünf Jahre hatte er anschließend als Deutsch- und Englischlehrer gearbeitet, von einer Kabarettistenkarriere träumte er die ganze Zeit hindurch. Mit »sehr guten 30« hängte er darum seinen Brotberuf an den Nagel, um den »Unterton« zu gründen, wo er seit nunmehr elf Jahren vor allem erfolgreiche Soloprogramme aufführt.

Die zweite Herausforderung bei einer Verabredung mit Maurer ist, ihn richtig zu erfassen: Nicht, dass er nicht vorzüglich artikulieren könnte – doch in eine klassische Kabarett-Schublade lässt sich der Autodidakt nicht zwängen, der politischen Satire beispielsweise bleibt er fern. »Ich mache mich über die Exzesse des Kunsttreibens lustig«, sagt er – und so stehen heuer, zum 250. Geburtstag von Mozart, Parodien über den Komponisten auf den Programm: »Es wird ja sehr viel über ihn gemacht, aber leider viel Freudloses«, klagt Maurer. Er will dem »waghalsige Behauptungen und ungesicherte Theorien« über Mozart gegenüberstellen.

Doch ohne Arbeit kein Erfolg: Bis aus einer Idee ein Programm wird, heißt es für Maurer »Sehen, Hören und Lesen«: Zwei Monate lang hatte der Kabarettist den Unterton zugesperrt, um sich in Südspanien den »Mozart« zu erarbeiten. Was dabei herausgekommen ist, ist bis Juli im Unterton zu bewundern.

Dass Maurer mit seiner Art, Kabarett zu machen, auf einem guten und inzwischen unverwinkelten Weg ist, zeigen auch die Trophäen, die seine Laufbahn säumen: 2005 beispielsweise gewann er den Kabarettpreis der Stadt München und in diesem Jahr die Sonderauszeichnung des Agatha-Christie-Krimi-Preises. Ob sein ehemaliger Lateinlehrer immer noch an seinem Talent zweifelt? Simone Orgel

Artikel vom 10.05.2006
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