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Richtfest: In Riem wird die erste Wohnanlage speziell für Frauen gebaut
Riem · Wie wohnt man weiblich?
Beim Zimmern dürfen Männer noch mit anpacken; mitbestimmen, wie später in der neuen Riemer Wohnanlage gelebt wird, dürfen sie aber nicht. Foto: maho
Riem · Zersplitterndes Glas ist üblicherweise eine unangenehme Sache – doch nicht beim Richtfest eines Hauses: Zerspringt das Weinglas, das der Zimmermann vom Dach wirft, steht das Haus unter einem guten Stern, wie es heißt. Jedenfalls: Beim Richtfest an der Astrid-Lindgren-/ Ecke Ingeborg-Bachmann-Straße explodierte das Glas förmlich, und somit dürfte alles gut werden in der ersten Münchner Wohnanlage, die speziell auf die Bedürfnisse weiblicher Mieterinnen abgestimmt ist.
Aber wie wohnt man weiblich? »Am wichtigsten ist das nachbarschaftliche Miteinander«, findet Barbara Yurtdas, eine Vorständin der Genossenschaft FrauenWohnen, die hinter dem Projekt steckt.
Mehrere Gemeinschaftsräume sind daher eingeplant, ein begrünter Innenhof mit Spielplatz, »Orte, an denen wir uns informell treffen und austauschen können«. Gleichzeitig gibt es Rückzugsräume wie etwa private Kleingärten – »Individualität in der Gemeinschaft« lautet das Schlagwort.
Einziehen können junge wie alte Frauen, Alleinstehende und allein Erziehende, lesbische Paare und Frauen-WGs – Menschen, die wie Yurtdas soziale Kontakte, Freundschaften und den kreativen Austausch mit anderen schätzen. Kurz gesagt: Die Wohnanlage soll ein Kontrapunkt zum anonymen Großstadtleben sein.
Als weiteren Vorzug des Projekts preist Yurtdas die Altengerechtigkeit und Barrierefreiheit des Neubaus an – ein sinniges Konzept, zumal alle Mieterinnen ein lebenslanges Wohnrecht im Gebäude erwerben. »In dieser Hinsicht sind wir Frauen vorausschauender«, meint Yurtdas, die selbst eine der Wohnungen beziehen wird.
Und warum das Ganze? Weil sich die Genossinnen von FrauenWohnen, die sich selbst als »Mitfrauen« bezeichnen, daran stören, dass fast alle Münchner Immobilien auf Männer zugeschnitten seien und dabei die Wohnbedürfnisse des anderen Geschlechts außer Acht gelassen werden – auch wenn dies den wenigsten Planern bewusst ist, wie Yurtdas betont. Die Vision von FrauenWohnen jedenfalls war es, ein Gegenprogramm zu liefern: Wohnungen, die von Frauen für Frauen geplant werden. Acht Jahre dauerte die Planungsphase – im August endlich soll ein Großteil der insgesamt 50 Wohnungen im Neubau nahe der Messestadt bezugsfertig sein. Und das, obwohl die zuständigen Verwaltungen das Konzept anfangs eher belächelt hatten. Inzwischen aber sprach sogar Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) beim Richtfest von einem »innovativen Konzept«, das »ein Stück gelebte Sozialpolitik« sei. Das Bundesbauministerium hat das Konzept ebenfalls gewürdigt und in sein Förderprogramm »Experimenteller Wohnungs- und Städtebau« aufgenommen.
Eine männerfreie Zone wird die Anlage nach Yurtdas’ Angaben übrigens nicht werden: Auch wenn der Hauptmieter jeder Wohneinheit zur Genossenschaft gehört und damit weiblich sein muss – »Ehemänner, Freunde und Söhne dürfen natürlich auch mit einziehen.« Sofern sie die geballte Frauenpower aushalten wollen. Martin Hoffmann
Artikel vom 02.05.2006Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp
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