Freitag, 5. Mai, wird im Löwenbräukeller über den Transrapid diskutiert

München - Der Milliarden-Flitzer im Visier

Ein Phantom stellt sich vor: Der Transrapid lässt sich in Form von 5.400 Leitzordnern zurzeit im Stadtmuseum begutachten.  Foto: Archiv

Ein Phantom stellt sich vor: Der Transrapid lässt sich in Form von 5.400 Leitzordnern zurzeit im Stadtmuseum begutachten. Foto: Archiv

Ein Phantom tritt an die Öffentlichkeit: Im Stadtmuseum und in den betroffenen Gemeinden können Bürger bis 26. Mai die Details der Transrapid-Pläne einsehen. Insgesamt 5.400 Leitzordner –14 Tonnen schwer – liegen dort zur Begutachtung. Für die Anwohner wird die Informationslage damit nicht einfacher. Die betroffenen Bezirksausschüsse wollen die Bürger deshalb am Freitag, den 5. Mai, in einer außerordentlichen gemeinsamen Bürgerversammlung über die Magnetschwebebahn informieren – ab 19 Uhr im Löwenbräukeller.

Damit auch Sie als Leser und vielleicht betroffener Anwohner die Diskussion ausgewogen und mit den richtigen Argumenten führen können, hat das Münchner SamstagsBlatt alle relevanten Infos aus den Stadtteilen und darüber hinaus zusammengetragen.

Über den Transrapid wird schon ewig diskutiert – worum geht’s jetzt schon wieder?

Jetzt soll das Projekt tatsächlich umgesetzt werden: Das Planfeststellungsverfahren hat begonnen; dieser rechtliche Vorgang entscheidet über die Genehmigung der Magnetschwebestrecke. Gerade läuft als erste Phase die Anhörungsfrist. Dazu liegen die Pläne des Antragstellers - insgesamt 5.400 Aktenordner der DB Magnetbahn - zwischen 27. April und 26. Mai 2006 zeitgleich in zehn Gemeinden entlang der Trasse öffentlich zur Einsichtnahme aus. Jeder Anwohner kann die Akten studieren und gegebenenfalls Einspruch erheben bei der Regierung von Oberbayern.

Wo soll der Transrapid fahren?

Die geplante, insgesamt 37,4 Kilometer lange Magnetbahn-Verbindung verläuft unterirdisch vom Münchner Hauptbahnhof zunächst in westlicher, in Höhe der Donnersberger Brücke dann in nördlicher Richtung unter der Landshuter Allee. Über die stillgelegten Anlagen der ehemaligen S-Bahn-Station Olympiapark führt die Trasse vor Feldmoching in den zweiten Tunnel innerhalb des Stadtgebietes. Sie unterquert das Autobahndreieck Feldmoching und folgt anschließend oberirdisch der Flughafenautobahn A92 bis ins Flughafengelände.

Es gibt doch eine S-Bahn – wieso soll noch ein Zug zum Flughafen fahren?

Vor allem, um schneller zum Flughafen zu kommen. Derzeit ist man mit der S1 oder der S8 gute 40 Minuten unterwegs, um aus der Stadtmitte ins Erdinger Moos zu kommen. Dazu kommt als politisches Argument die Anwendung der Magnetschwebetechnologie. Nur ein Transrapid, der auch in Deutschland fährt, könne auch ins Ausland verkauft werden, so die Hersteller.

Wieso lehnen OB Christian Ude und die rot-grüne Stadtratsmehrheit den Transrapid ab?

Hauptargumente sind die hohen Kosten – und auch der Nutzen wird infrage gestellt: „Der Transrapid nützt nur Fahrgästen, die schon am Hauptbahnhof sind oder sehr schnell dorthin kommen können. Für alle Fahrgäste aus der gesamten Region gilt, dass sie sich erst zum Hauptbahnhof durchschlagen müssen, um dann in den Genuss der Reisezeitverkürzung zu gelangen.“ Die Gegner kritisieren auch die Kapazität von 400 Plätzen. „Ein S-Bahn-Zug bietet beispielsweise 1.600 Plätze.“ Und in den Augen der Stadt sind sowohl die Kosten zu niedrig angesetzt (bislang 1,6 Milliarden Euro), wie auch die Finanzierungsfrage ungeklärt. „In Wahrheit muss aber nach der Verlängerung des Tunnels Feldmoching, der schwierigen technischen Situation am Hauptbahnhof, der Sicherheitsauflagen und wegen laufender Preisanpassungen von einem Betrag über 2 Milliarden Euro ausgegangen werden.“ Mit Konsequenzen für U-Bahn und S-Bahn: Weil „voraussichtlich“ Bundesmittel von gewöhnlichen Nahverkehrsmitteln zum Transrapid umgeschichtet würden, würde sich der Betrieb des normalen MVV-Netzes verschlechtern, so die Befürchtung von Ude.

Ude will also weiterhin mit der lahmen S-Bahn zum Airport – oder gibt es etwa Alternativen zu S-Bahn und Transrapid?

Der Oberbürgermeister möchte eine Express-S-Bahn namens MAEX einsetzen. Sie soll 25 Minuten brauchen und im 15 Minuten-Takt fahren – hauptsächlich auf Gleisen der S8. Als Kosten gibt der Oberbürgermeister 625 Millionen Euro an. Im Gegensatz zum Transrapid ist der MAEX allerdings noch mehr eine Ideensammlung als ein Bauplan.

Wer sind die Befürworter und wie lauten ihre Argumente?

Träger, Bauherr und Betreiber des Vorhabens der geplanten Magnetschnellbahn ist die DB Magnetbahn GmbH, eine hundertprozentige Tochter der Deutschen Bahn AG. Aber auch die Fahrzeugindustrie will den Transrapid schnellstmöglich zum Laufen bringen, um die Technik auch ins Ausland verkaufen zu können. Dieses Anliegen wird von der derzeitigen Bundesregierung und vor allem von der bayerischen Staatsregierung unterstützt. „Wenn München scheitert, dann ist die Magnetschwebebahn-Technik in Deutschland am Ende“, erklärte erst jüngst der bayerische Wirtschaftsminister Erwin Huber (CSU) in einem Interview. Doch nicht nur das industriepolitische Argument zählt für Huber, sondern auch das der Bahn, also das verkehrliche: „Der Transrapid ermöglicht die schnellste Verbindung zum Flughafen und lässt den größten Zuwachs an Fahrgästen erwarten.“

Die Befürworter haben auch kein Verständnis für Udes Umsteige-Argumente: 80 Prozent der Fluggäste würden von weit her kommen und entsprechend sowieso am Hauptbahnhof aussteigen – sofern sie vom Heimatort mit der Eisenbahn gen Airport fahren wollen. Diese Passagiere könnten dann im Zehn-Minuten-Takt innerhalb von zehn Minuten mittels Transrapid den Flughafen erreichen – und zwar so „leise und erschütterungsarm wie sonst kein Verkehrsmittel“, wie Andreas Hadji Raftis von der DB Magnetbahn erklärt.

Was kostet die Bahn und wer zahlt?

Im Endeffekt wir alle, also der Steuerzahler. 1,6 Milliarden Euro schätzt die DB Magnetbahn, von zwei Milliarden spricht Ude. Bislang gesichert sind 550 Millionen Euro aus Bundesmitteln und 185 Millionen vom Freistaat. Ob die Industrie die versprochenen 100 Millionen Euro beisteuert, ist dagegen wieder offen. Und so fordert Bayerns Wirtschaftsminister Huber eine stärkere Beteiligung des Bundes: „Der Transrapid ist ein Leuchtturmprojekt der Bundesrepublik Deutschland und kein Verkehrsprojekt des Freistaates Bayern.“ Die Bundesregierung solle für München mindestens die Hälfte der 2,3 Milliarden Euro freigeben, die im Haushalt für weitere Magnetschwebestrecken bereitstehen.

Der Transrapid wird 400 Stundenkilometer erreichen - wird meine Hauswand wackeln, wenn er vorbei rast?

Nein, versichert die DB Magnetbahn. Und Sprecher Andreas Hadji Raftis macht den direkt betroffenen Anwohnern das Angebot, die Technik hautnah zu erleben: „Fahren Sie mit uns zur Teststrecke ins Emsland. Jeder, der bisher dabei war, ist ganz beruhigt zurück nach München gefahren.“ Interessierte Anwohner wenden sich direkt an das Unternehmen.

Wie denken meine Nachbarn?

Die bisherigen Bürgerversammlungen zum Thema Transrapid liefen meist überaus hitzig ab, Befürworter kamen selten ungestört zu Wort. „Ich würde mir wünschen, dass auch die Sachargumente Platz finden in den Diskussionen“, sagt DB Magnetbahn-Sprecher Andreas Hadji Raftis, mit Blick auf die Versammlung am 5. Mai. Allgemein ist die Stimmung in den Vierteln bisher eher Transrapid-feindlich: Der Stadtbezirk Feldmoching-Hasenbergl etwa lehnte das Projekt bei einer Bürgerversammlung am 24. November 2004 mit großer Mehrheit ab, ebenso die Stadtbezirke Neuhausen-Nymphenburg und Moosach am 10. Mai 2005.

Was kann die Diskussion am 5. Mai entscheiden?

Sie hat keine rechtliche Bindungskraft, sondern soll informieren. Wer Einwendungen hat, muss diese persönlich bei der Regierung von Oberbayern vortragen.

Ein Bierkeller ist wohl nicht der richtige Ort, um über solch komplizierte Themen nachzudenken. Wo kann ich mich in Ruhe über die Pläne informieren?

Eine Einsichtnahme in die Pläne, die das Stadtgebiet betreffen, ist bis zum 26. Mai von Montag bis Freitag (außer am Feiertag, den 25. Mai) von 9 bis 18 Uhr im Münchner Stadtmuseum, St.-Jakobs-Platz 1, möglich. (Auslegungssaal im I. Obergeschoss, barrierefrei über Betriebszufahrt am Oberanger zum rückwärtigen Eingang/ Lift). Im Umland liegen die Pläne zumeist in den Gemeindeämtern aus.

Wie sieht der weitere Zeitplan aus?

Der Stadtrat wird sich in der Vollversammlung vom 31. Mai mit der Angelegenheit befassen, ab Oktober wird das Vorhaben im Rahmen von Erörterungsterminen in den jeweiligen Planfeststellungsabschnitten verhandelt. Nach einer abschließenden Stellungnahme der Regierung von Oberbayern gegen Ende des Jahres, erlässt das Eisenbahn-Bundesamt voraussichtlich Mitte 2007 den Planfeststellungsbeschluss. Von Max Hägler

Artikel vom 27.04.2006
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