Albrecht Ackerland über Laim

„Da schau her“

„In die Großstadt passt kein Maibaum.“ Rätselfrage: Von wem stammt dieses Zitat? Von einem Berliner Senatsmitglied als Antwort auf den Antrag der Bayerischen Landesvertretung, vor dem Reichstag ein solches Stangerl aufstellen zu dürfen? Oder von New Yorks Bürgermeister Giuliani, der die zunehmende Bavarisierung seiner Stadt aufhalten will?Bavarisierung jedenfalls geht schon in die richtige Richtung.

So unglaublich es klingt: Oben genannter Satz fiel in München, der Stadt mit dem allzu oft strapazierten Etikett „Weltstadt mit Herz“, der Hauptstadt Bayerns, der Stadt mit den Millionen Touristen, die meist nur kommen, weil München in Bayern liegt.

In Laim wollten die Bürger nach alter Tradition einen Maibaum aufstellen, es gibt dafür einen Maibaumverein, und es gab eine Bürgerversammlung, die den Plan toll fand. Was spricht also dagegen, in Laim – es ist nicht so lange her, dass Laim gar nicht zu München gehörte, sondern ein kleines Dorf war – was spricht also dagegen, dort, neben Wirtschaft und Kirche, ein weiß-blaues Stangerl aufzustellen? Das hat zwar keinen besonderen Sinn, ist aber doch irgendwie schön, und zum bayerischen Brauchtum gehört es auch. Außerdem: das Maibaumaufstellen bietet – das ist jetzt mir persönlich wichtig – einen Spitzenanlass für ein gescheites Fest. An einem der schönsten Tage im Jahr.

Ein besonders humoriger Witz also, als der grüne Bezirksausschüssler Reinhard Linsowski das ulkige „In die Großstadt passt kein Maibaum“ raustrarate? Ein ganzer Comedy-Club, weil ja auch die SPDlerin Katja Weitzel mit ihrem Gassenhauer „Laim ist Teil einer Großstadt und kein Dorf“ die Stimmung zum Kochen brachte?

Schön wär’s. Ist aber bitterer Ernst. Jetzt darf in Laim – lesen Sie das mal schlampig rückwärts: Laim – kein Mai(l)baum aufgestellt werden. Tatsächlich. Die Bürger wollten ihn, das Baureferat hatte nichts dagegen: hilft aber alles nichts.

Uns bleibt bloß zu hoffen, dass dieser Bescheid ein Einzelfall war, dass nicht noch allzu oft gezeigt wird, wo in München das krude Großstadtherz schlägt. Nicht, dass der Mehrheit im Laimer Bezirksausschuss auch noch einfällt, dass bayerische Wiesen nicht in eine Metropole passen. Oder Bier in großen Glaskrügen. Oder das vielbenützte „Servus“. Na tschüss.

Artikel vom 27.04.2006
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