Eine Liquidatorin erzählt

München - Krank wegen Tschernobyl

Natalia Manzurova wurde krank, kurz, nachdem sie ihre Arbeit in Tschernobyl beendet hatte: Sie ist eine der so genannten Liquidatoren, die nach dem Reaktorunfall aus der gesamten Sowjetunion rekrutiert wurden, um – freiwillig oder zwangsverpflichtet – im Gebiet um Tschernobyl beispielsweise den Sarkophag zu bauen, der die Strahlung aus dem Reaktorblock seither abschirmt.

Die Zahl dieser Liquidatoren schwankt je nach Angaben zwischen 600.000 und einer Million.

Manzurova hat diese Arbeit mit ihrer Gesundheit bezahlt: ihr Immunsystem ist mittlerweile so schwach, dass sie krank wird, sobald jemand in ihrer Nähe niest; sie hat ständig Kopfschmerzen, ist ständig schwach. Am Dienstag erzählte sie in einer Pressekonferenz in München von ihren Erfahrungen.

Von Mitte 1987 bis Ende 1991 hat die Radiobiologin und alleinerziehende Mutter in Tschernobyl gearbeitet: sie katalogisierte alles, was die ehemaligen Bewohner der Gegend zurückgelassen hatten, vernichtete oder vergrub es – verstrahltes Kinderspielzeug ebenso wie ganze Häuser. „Es war psychisch sehr belastend für mich, die privaten Gegenstände dieser Menschen zu vernichten“, sagt sie.

Viele ihrer damaligen Kollegen sind bereits tot. 1993 wurde Manzurova als arbeitsunfähig eingestuft. „Ich weiß nicht, wie viele Jahre mir noch bleiben, aber ich will den Menschen von Tschernobyl berichten, mein Leben lang. So etwas darf nie mehr wieder passieren.“ Von Nadine Nöhmaier

Artikel vom 20.04.2006
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