Vor vier Wochen öffnete Bayerns erste Jugendkirche in Haidhausen ihre Pforten

München - „Madonna statt Kyrie“

München - Den ganzen Vormittag über hatte es geregnet, aber pünktlich zur Ankunft des Kardinals hellte der Himmel auf – und es zeigten sich schüchtern einige wärmende Sonnenstrahlen. Dennoch herrschte am vergangenen Sonntag im Kirchlichen Zentrum an der Haidhauser Preysingstraße natürlich nicht die gleiche Stimmung wie voriges Jahr am Kölner Marienfeld, natürlich waren zum diesjährigen „kleinen“ Weltjugendtag, der immer zwischen den großen Weltjugendtagen in den einzelnen Diözesen stattfindet, nicht eine Million Menschen gekommen.

Aber die rund 700 jungen Katholiken, die sich an diesem Sonntag hier zusammengefunden haben, geben ebenfalls ein sehr charakteristisches Bild ab über den derzeitigen Zustand der kirchlichen Jugendarbeit: Bunt ist diese, vielfältig, engagiert – und ja, natürlich auch gläubig. „Ich gehe zwar nicht jeden Sonntag in die Kirche, trotzdem begleitet mich mein Glauben bei allem, was ich tue“, sagt etwa die Christin Claudia.

Der Gottesdienst fand an diesem Tag übrigens in der Kirche „Vom Guten Hirten“ statt, die sich auf dem Gelände des Kirchenzentrums befindet. Diese kleine, helle Kirche mit ihren kreisförmig angeordneten Sitzbänken ist in Deutschland einmalig: Sie wird allein vom Bund deutscher Katholischer Jugendlicher (BDKJ) betrieben und ist nicht nur Bayerns erste Jugendkirche, sondern auch bundesweit die einzige, die nur von katholischen Jugendverbänden getragen wird.

Seit rund einem Monat gibt es dieses Gotteshaus nun – und seit seiner Eröffnung strömen jeden Sonntag um 19 Uhr erstaunlich viele Jugendliche zur Messe. Diese wird von unterschiedlichen Jugendpfarrern aus München gehalten und von Jugendlichen gestaltet. „Das Besondere an dieser Kirche ist, dass hier immer Gottesdienste gemacht werden, die auf Jugendliche zugeschnitten sind. Dass Jugendgottesdienste also die Regel und nicht eine Ausnahme sind, wie in den Pfarreien“, erklärt Johannes Merkl vom BDKJ. „Statt des Kyries kann man hier auch mal ‚Frozen’ von Madonna spielen oder ein virtuelles Kreuz anbringen“.

Oder eben den Münchner Weltjugendtag veranstalten, zu dem Claudia am Sonntagmorgen extra aus Landshut angereist kam. Sie war letztes Jahr „natürlich auch in Köln“, leitet in ihrer Heimatpfarrei eine Jugendgruppe und geht ansonsten aufs Gymnasium. Claudia trägt Tracht an diesem Tag, nicht, weil sie immer so herumlaufen würde, sondern weil sie auch Mitglied in der Katholischen Landjugend ist. Die Tracht ist so etwas wie die Uniform dieser Bewegung, aber als besonders traditionalistisch würde Claudia sich nicht bezeichnen: „Ich mag das bayerische Brauchtum und ich mag meine Jugendgruppe, aber ich unterstütze nicht alles, was der Papst sagt. Und ich höre nicht nur Volksmusik!“, erklärt sie lachend im doch sehr hochdeutsch gefärbten Niederbairisch.

Als fundamentalistischer gelten da schon die Jugendlichen, die der Bewegung „Jugend 2000“ nahe stehen. Diese könnten zwar mit ihren dunkelblauen T-Shirts und Frisuren – viele Jungs tragen Pilzköpfe – auch als Atomic-Café-Klientel durchgehen, aber ihre Grundsätze haben es in sich: „Erlebe die Faszination des Glaubens“ lautet ihr Slogan – und nicht wenige kritisieren, dass sich die Anhänger der Bewegung ohne Wenn und Aber zu allen Grundsätzen der Amtskirche bekennen. „Ja, ich weiß, wir gelten als konservativ. Aber was ist denn schlimm daran, wenn ich an Gott glaube und versuche, auch andere davon zu überzeugen, dass das gut ist?“ entgegnet Maria, die laut eigenen Angaben stolz und froh ist, Mitglied „so einer spirituell starken Bewegung“ zu sein.

„Jugend 2000“ stand im vergangenen Jahr erstmals im Fokus der Öffentlichkeit, weil die Bewegung große Teile des Kölner Weltjugendtages organisiert hatte. Heuer zeichnet die Münchner Ortsgruppe erstmals zusammen mit dem BDKJ und der Erzdiözese München-Freising auch für die Organisation des kleinen – des Münchner – Jugendtages verantwortlich. Und genauso wie es für Papst Benedikt XVI selbstverständlich war, nach Köln zu kommen, ist an diesem Sonntag auch der Münchner Kardinal Friedrich Wetter anwesend. Der Kardinal wünscht den Teilnehmern „ein hörendes Herz auf der Suche nach Gott“ und erzählt den anwesenden Jugendlichen, wie er sich selbst Gott genähert habe und wann und wie er als junger Mensch seinen Glauben entdeckt und schließlich auch gelebt habe. „Manchmal braucht es schon Mut, in der Schule zu erzählen, dass man gläubig ist“, erklärt Maria daraufhin. „Aber an Tagen wie diesen merke ich, dass es sich lohnt und dass es ganz schön viele gibt, für die Gott genauso wichtig ist wie für mich.“

Tatsächlich herrscht um die Informationsstände der katholischen Jugendverbände ein reges Kommen und Gehen. Es gibt kaum einen Anwesenden, der sich nicht angeregt mit jemand anderem unterhält, kaum einen, der nicht an einem der zahlreichen Workshops und Diskussionsrunden teilnimmt, die Titel tragen wie „ Ich will nicht ewig Single sein: Familie, Wunsch und Wirklichkeit“ oder „Priester für das dritte Jahrtausend: Wie weiß ich, ob Gott mich ruft?“.

Doch aller freundlichen Atmosphäre im Kirchlichen Zentrum in Haidhausen zum Trotz ist auffällig, dass wohl kaum ein Jugendlicher, der sonst nicht viel mit dem Thema Kirche am Hut hat, anwesend ist: Der Münchner Weltjugendtag lockte vor allem Jugendliche, die ohnehin schon ihren Glauben gefunden haben.

Dennoch versuchen die Verbände in und um München vieles, um immer mehr Jugendliche anzulocken. Nicht nur mit solchen Events. Klaus Hofstetter, Diözesanjugendpfarrer bei der Vesper während des Jugendtages, erzählt: „Auch bei den regelmäßigen Gruppenstunden, bei der Feier von Jugendgottesdiensten, bei Anbetungsstunden, beim Engagement in der Pfarrei oder im Religionsunterricht möchten wir ein christliches Lebenszeugnis im alltäglichen Leben bieten.“ Von Filippo Cataldo

Artikel vom 13.04.2006
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