Unbekannter beschädigt vor der Universität Andenken an die »Weiße Rose«

Schwabing / Maxvorstadt · Gedenktafel geschändet

So sah die Tafel vor der Zerstörung aus (der rot markierte Teil wurde gestohlen).	 Foto: Anne Fina

So sah die Tafel vor der Zerstörung aus (der rot markierte Teil wurde gestohlen). Foto: Anne Fina

Schwabing / Maxvorstadt · Wer macht so etwas nur? In der Nacht auf Dienstag, 4. April, haben unbekannte Täter die »Weiße Rose«-Gedenktafel am Hauptgebäude der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) beschädigt und Teile davon gestohlen. Die »Weiße Rose« war mit Abstand die bekannteste Widerstandsbewegung gegen die Nationalsozialisten. Der Gruppe um die Geschwister Scholl, deren Namen der Platz vor der Universität trägt, war die Gedenktafel des Künstlers Robert Schmidt-Matt gewidmet.

Er hatte authentische Flugblätter der »Weißen Rose« in Keramik faksimiliert und als Collage im Boden vor dem Hauptgebäude der LMU eingelassen. Davon ist jetzt ein Teil verschwunden. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wurden Teile der Gedenksteine aus dem Boden gebrochen. »Die Tafel muss zwischen 22 und 6 Uhr gestohlen worden sein. Der Nachtdienst hat nichts bemerkt, erst die Pförtnerin, die gegen halb sieben in der Frühe kam, hat den Schaden entdeckt und gleich die Polizei gerufen«, erklärt Andreas Pongratz von der Studentenvertretung der LMU. Im Gespräch mit den Schwabinger Seiten zeigte sich der Berliner Künstler Robert Schmidt-Matt fassungslos: »Da kann man nur mit dem Kopf schütteln«, kommentierte er die kaum nachvollziehbare Tat.

Pongratz hat sich den Tatort bereits genauer ansehen können und eigene Beobachtungen gemacht. Da die Bruchkante sehr glatt sei, könne von einem echten Profi ausgegangen werden, der viel Energie in seine Tat gesteckt habe. Das bestätigt auch Luise Dirscherl, Pressesprecherin der LMU: »Es wurde ein Flugblatt nur herausgebrochen, jedoch nichts beschmiert oder verwüstet.«

Der materielle Schaden hält sich indes in Grenzen, denn die Tafeln hätten bis Ende diesen Jahres ohnehin erneuert werden sollen. »Die Gedenktafeln sind witterungsbedingt stark abgenutzt. Die Erneuerung war in jedem Fall vorgesehen«, erklärt Jürgen Marek vom Baureferat. Die neue Stücke wird ebenfalls Schmidt-Matt eigenen Angaben zufolge herstellen. Da der Grund, auf dem die Flugblätter eingelassen sind, der Stadt München gehören, wurde der Verkehrssicherheit wegen das entstandenen Loch umgehend mit Kopfsteinpflaster geschlossen. Andernfalls hätte man auch die anderen Platten leichter entfernen können, vermutet Pongratz.

In jedem Fall wurde von der Landeshauptstadt Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt, doch die Polizei habe derzeit noch keine heiße Spur: »Wer dahinter steckt, ist zurzeit reine Spekulation. Auch ob ein politisches Tatmotiv dahinter steckt, kann man nicht sagen. Es wurde sogar ein Souvenirjäger in Betracht gezogen«, erklärt Marek. Schmidt-Matt selbst hält diese Möglichkeit allerdings für unwahrscheinlich, seien doch in der Vergangenheit kleinere Bruchstücke der Flugblätter verschwunden. Einen solchen Fall habe es in den 17 Jahren, seit die Gedenktafel in den Boden eingelassen ist, noch nicht gegeben.

Auch Pongratz kann in diesem Fall nur spekulieren, schließt aber nicht aus, dass die Tat einen politisch motivierten Hintergrund hatte. Jetzt warten die Betroffenen auf die Ergebnisse der polizeilichen Ermittlungen. ks

Artikel vom 11.04.2006
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