Wettbewerb erinnert an den brutalen Nazi-Überfall in der Zenettistraße

Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt · Schüler gegen Skinheads

Vor fünf Jahren feierte Neonazi-Rädelsführer Martin Wiese seinen Geburtstag in dem ehemaligen Lokal Burg Trausnitz in der Zenettistraße. Vor dem Lokal ermordete die angetrunkene Truppe beinahe den Griechen Artemios T. Fotos: mh, Archiv

Vor fünf Jahren feierte Neonazi-Rädelsführer Martin Wiese seinen Geburtstag in dem ehemaligen Lokal Burg Trausnitz in der Zenettistraße. Vor dem Lokal ermordete die angetrunkene Truppe beinahe den Griechen Artemios T. Fotos: mh, Archiv

Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt · Fünf Jahre ist es inzwischen her, dass von der Münchner Zenettistraße eine Schockwelle der Gewalt ausging, die ganz Deutschland erschütterte: Die Skinhead-Attacke auf den Griechen Artemios T. rief Münchens Bürger auf schmerzhafte Weise in Erinnerung, dass die braune Gefahr noch immer aktuell ist – und dass sie auch vor der eigenen Haustür lauern kann.

Eine von Schülern entworfene Mahntafel soll nun dafür sorgen, dass diese Erinnerung nicht verblasst.

Der Vorfall, der für landesweites Aufsehen sorgte, ereignete sich am 13. Januar 2001. Artemios T. wurde damals von einer Gruppe alkoholisierter Neo-Nazis, die gerade den Geburtstag der Szenegröße Martin Wiese feierte, angepöbelt und beinahe zu Tode gestiefelt. Nur der couragierte Eingriff einiger türkischer Mitbürger verhinderte noch Schlimmeres. Die Haupttäter – die damals gerade 17-jährige Anna-Maria P. und ihr Freund Christoph S. – wurden wegen versuchten Totschlags zu mehrjährigen Jugendhaftstrafen verurteilt. In einem soeben angelaufenen Gestaltungswettbewerb wird nun ermittelt, welche Schulklasse die Tafel entwerfen darf, die die Erinnerung an die Tat am Leben erhalten soll.

Ausgeschrieben hat den Wettbewerb der Bezirksausschuss Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt (BA 2), in dessen Schaukasten in der Zenettistraße das prämierte Werk angebracht werden soll; die Idee zu dieser Aktion hatte das BA-Mitglied Beate Bidjabeng (SPD): »Wir hatten schon lange darüber diskutiert, wie wir zum fünften Jahrestag an den Überfall erinnern wollen – es sollte etwas werden, was die Menschen vor Ort mit einbezieht«, erklärt die Jugendbeauftragte des Gremiums.

Der Wettbewerb richtet sich an die siebten und achten Klassen sämtlicher Schulen des Viertels. »Das ist das Alter, in dem solche Themen hoch kommen«, meint Bidjabeng.

Anmeldeschluss ist am Gründonnerstag: Von da an haben die teilnehmenden Klassen knapp drei Monate Zeit, eine Tafel zu entwerfen. Weitere Infos zu den Anmelde-Modalitäten gibt die BA-Geschäftsstelle unter der Telefonnummer 22 80 26 66.

Drei Bedingungen muss das Werk erfüllen: Es soll sich konkret auf den Überfall beziehen, es soll zu Wachsamkeit und Zivilcourage zum Schutz der Demokratie ermahnen und es soll zeigen, dass es auch im Alltag keine Alternative zu einem demokratischen Miteinander gibt. Am 30. Juni müssen die Gestaltungsvorschläge abgegeben werden, eine Jury aus BA-Mitgliedern und beteiligten Lehrern entscheidet dann, welche Klasse das gelungenste Werk abgeliefert hat. 500 Euro sind als Preisgeld vorgesehen.

Als Kritik, dass das Bewusstsein für derartige Vorfälle nachgelassen hat, will Bidjanbeg die Aktion übrigens nicht verstanden wissen: »Wenn man sich mit den Menschen vor Ort über das Thema unterhält, merkt man, dass der Überfall ein Schock war, der bis heute nachwirkt.« Der Wettbewerb solle »eine Mahnung sein, die nötige Wachsamkeit zu bewahren«, so Bidjabeng: »Unsere Demokratie ist schließlich nicht gottgegeben.« Martin Hoffmann

Artikel vom 04.04.2006
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