Fahrenschon über 100 Tage Große Koalition: »Kein Wunschtraum, aber Chance«

Münchner Norden · Sparen allein reicht nicht

»Die Lage ist schwierig«, Georg Fahrenschon, Bundestagsabgeordneter, in seinem Büro in Unterhaching. 21 Wochen im Jahr ist er unterwegs in Berlin. Foto: zip

»Die Lage ist schwierig«, Georg Fahrenschon, Bundestagsabgeordneter, in seinem Büro in Unterhaching. 21 Wochen im Jahr ist er unterwegs in Berlin. Foto: zip

Landkreis München · »Die große Koalition ist kein Wunschtraum« erklärt Georg Fahrenschon, CSU-Mitglied, Mitglied des deutschen Bundestags und des Finanzausschusses. »Sie bietet aber auch neue Chancen.« Im Gespräch mit der Münchener Nord-Rundschau blickt Fahrenschon zurück auf 100 Tage Amtszeit und zieht eine erste Bilanz.

Besonders der neu verabschiedete Bundeshaushalt treibt dem Finanzpolitiker die Sorgenfalten auf die Stirn: »Ich bin nicht gerade stolz auf ihn, zumal Deutschland knapp an der Rekordverschuldung vorbeischrammt«, erklärt er sichtlich unzufrieden. In zwei Jahren möchte die Bundesregierung wieder der Regelgrenze des Grundgesetzes entsprechen und die Europäische Defizitgrenze erreichen. Die Investitionen dürfen dementsprechend die Neuverschuldung nicht überschreiten und diese darf nicht mehr als drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts entsprechen.

Der Haushalt solle bewusst die Konjunktur unterstützen, so Finanzminister Peer Steinbrück (SPD), was angesichts der kommenden Mehrwertsteuererhöhung, paradox erscheint. Eine 19-prozentige Mehrwertsteuer ab 2007 werde die Konjunktur nicht unterstützen, sondern bremsen, argumentieren Kritiker. Doch Fahrenschon bleibt dabei: »Die Lage ist schwierig, wir brauchen die Mehrwertsteuererhöhung«, betont er heute. Ein halbes Jahr zuvor, im Kreise der Opposition, sah Fahrenschon das noch anders: »Jedes drehen an der Mehrwertsteuer Schraube würde den Konsum und damit die Konjunktur abwürgen« und »Eine Diskussion über die Erhöhung der Mehrwertsteuer ist gefährlich«, bemerkte er 2005 in einer Rede vor dem Deutschen Bundestag. Woher der plötzliche Sinneswandel? »Wir sind nicht in der Lage den Haushalt durch bloßes Sparen zu entschulden.« Weitere wirtschaftliche Impulse erhofft sich der Finanzexperte durch die neue EU-Dienstleistungsrichtlinie: »Der ungehinderte Austausch an Dienstleistungen innerhalb der EU bietet dem Deutschen Mittelstand eine neue Chance«, so Fahrenschon. In Ländern wie England gäbe es keine »gescheiten Handwerker«, das Know-How fehle. »Made in Germany« könne wieder neue Maßstäbe setzen und europaweit seine qualitativ hochwertigen Kenntnisse anbieten.

Dem geplanten Umzug des Bundesnachrichtendienstes (BND) von Pullach nach Berlin sieht Fahrenschon kritisch entgegen: »Wir dürfen diesen Umzug nicht zulassen.« Erreichen will er das mit Hilfe des Parlaments. Die Zentrale des BND soll auf drei Standorte verteilt werden. Zwei Grundstücke sind bereits in Besitz der Bundesrepublik, das dritte fehlt. Dieses soll aber so bald wie möglich nachgekauft werden und genau da liegt die Chance die Fahrenschon erkennen will: »Der Kauf muss durch das Parlament genehmigt werden.« Wird der Kauf abgelehnt, gerät der Umzug des BND mächtig ins Wanken. Christoph Zipperlen

Artikel vom 28.02.2006
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...