Freiwilligen-Agentur »Tatendrang«: Zeit statt Geld

Lehel · Ein bisschen Sinn muss sein

Lehel · Monika Kempfle mag ihren Job. Sehr sogar. »Durch ihn bekommt man ein positives Bild von der Gesellschaft«, sagt die 32-jährige Diplom-Sozialpädagogin. »Denn zu uns kommen nur Leute, die unentgeltlich etwas für die Allgemeinheit tun wollen.« Kempfle arbeitet seit 1999 bei der Münchner Freiwilligenagentur »Tatendrang« und bringt dort zusammen, was zusammengehört: Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren wollen, und die passende Organisation.

667 Mal, häufiger als jemals zuvor in der 25-jährigen Agentur-Geschichte, haben Kempfle und ihre Kolleginnen allein im Jahr 2004 ein Beratungsgespräch mit einer hilfswilligen Person geführt und diese anschließend vermittelt. An die Alzheimergesellschaft, den Bund Naturschutz, die Weiße Rose-Stiftung oder eine der anderen über 200 sozialen und kulturellen Münchner Einrichtungen, mit denen »Tatendrang« zusammenarbeitet.

Meistens ist es der Wunsch nach Ausgleich zum Beruf, der die Menschen in die Büroräume in die Thierschstraße führt. »Verständlich«, sagt Kempfle. »Jemand, der den ganzen Tag am PC sitzt, hat abends ganz stark das Bedürfnis nach einer Arbeit mit Menschen.« Aber es gibt auch die Berufstätigen, die ganz bewusst ihr Know-how in den Dienst einer sozialen Einrichtung stellen wollen: Da ist der kinderlose Anwalt mit der 60-Stunden-Woche, der gerne im Vorstand eines Vereins Gremienarbeit leisten würde. Der erfolgreiche Graphiker, dem nach all den Werbekampagnen der Sinn nach einem kleinen Logo für eine soziale Einrichtung steht. Die Lehrerin, die Schüler bei den Hausaufgaben betreuen will.

Wichtig ist für die Beraterinnen von »Tatendrang«, dass sich in den bis zu einstündigen Vorgesprächen zeigt, warum jemand helfen möchte. »Schwierig wird es«, sagt Kempfle, »wenn sich labile Personen mit persönlichen Problemen engagieren wollen, damit sie einen festen Termin in der Woche haben und so Stabilität in ihr eigenes Leben bringen.« »Tatendrang« wurde 1980 unter dem Namen »Münchner Helfer Information« gegründet, als erste Freiwilligen-Agentur Deutschlands. Mehrere tausend Menschen sind seitdem beraten worden, haben auf diese Weise zu einer ehrenamtlichen Tätigkeit gefunden und die prägnante Aufforderung befolgt, mit der die Agentur seit einigen Jahren wirbt: »Spenden Sie Zeit statt Geld«. Auffallend viele hoch qualifizierte Männer und Frauen würden in jüngster Zeit den Weg zu ihnen finden, so Kempfle. Personen, die ein reges Interesse an Politik und der Gesellschaft hätten und diese irgendwie mitgestalten wollen – jenseits eines Parteiengagements.

Mit der Vermittlung endet die Betreuung durch »Tatendrang« nicht automatisch. Gerade in der Anfangszeit können Probleme wie Überforderung, Beschäftigungslosigkeit oder ein fehlender Ansprechpartner die Freiwilligen in ihrem Elan ausbremsen – dann kann die Agentur vermittelnd einschreiten. »In vielen Organisationen hat man sich aber auf die Betreuung der Ehrenamtlichen eingestellt«, weiß Kempfle. »Deren Arbeit ist in Zeiten knapper Kassen und ständiger Stellenstreichungen viel zu wertvoll.« Heidi Keller

Artikel vom 22.02.2006
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