In dieser Serie stellen wir in loser Reihenfolge ungewöhnliche Nachbarn vor

Stadt-Bewohner

Paranormales München? Stephan Sainer raubt das unerklärliche Brummen jedenfalls den Schlaf.  Foto:  dkö

Paranormales München? Stephan Sainer raubt das unerklärliche Brummen jedenfalls den Schlaf. Foto: dkö

Innenstadt · Am liebsten hätte Stephan Sainer gar keine Interviews mehr gegeben. »Seit drei Wochen klingelt bei mir ständig das Telefon. Es ist unvorstellbar.« Der selbstständige IT-Fachmann hat mit seiner Bürgerinitiative »Brummfreies München« in ein Wespennest gestochen. Im Moment hat Sainer keine Ruhe mehr. Schnell müsse es deswegen gehen, bekräftigt er.

Das Telefon wird vorsichtshalber ausgeschaltet. Sainer spricht schnell und gehetzt. Er gestikuliert ausschweifend und an besonders wichtigen Punkten reißt er seine Augen weit auf und fixiert seinen Gesprächspartner, als wolle er sagen: Das muss man doch verstehen! Sainer wehrt sich gegen die Darstellung von sich und seinen Mitstreitern als überempfindliche Sonderlinge. »Wir haben mehrere Gutachten von unterschiedlichen, unabhängigen Sachverständigen.« Man habe sogar ganze Häuserblöcke vom Stromnetz genommen, um eventuelle Störquellen zu eliminieren. »Alle haben uns bestätigt, dass es ein Brummen gibt.«

Dieses Brummen, das bei besonders empfindlichen Menschen unter anderem massive Schlafstörungen zur Folge haben kann, trat vor zwei Jahren verstärkt auf. Dies bestätigen die mehr als 100 Erfahrungsberichte, die bei Sainer eingegangen sind und die er auf der Website www.brummen-muenchen.de veröffentlicht hat. »Es ist ein Brummen mit der Frequenz von 50 Hertz. Das kann ein Mensch mit gutem Hörvermögen hören, muss es aber nicht.

Nachzuweisen ist es zweifellos.« Eine Erklärung dafür gibt es bisher nicht. Besonders nachts beeinträchtige dieses Geräusch die Betroffenen. Die logischen Folgen: Schlafmangel, Kopfschmerzen, schlechte Laune. Sainer selbst hat in den letzten Jahren mehrmals die Wohnung gewechselt. »Es ist nicht auszuhalten, jede Nacht nur vier Stunden schlafen zu können und dann wieder volle Leistung bringen zu müssen.« Glücklicherweise ist das Brummen momentan »dezent«. Nur deswegen finde Sainer die Kraft, sich neben seinem Beruf auch noch der zeitintensiven Arbeit für die Initiative zu widmen. Hilfe von den Behörden, wie etwa dem zuständigen Landesamt für Umwelt, erhalte er nicht. »Es ist unvorstellbar wie man da behandelt wird. Anstatt zu helfen, wird man in die Ecke von Wünschelrutengängern gestellt. Damit kann und will ich mich nicht abfinden.« Und so wird Sainer weiterkämpfen, solange die Kraft es zulässt. Sogar gerichtliche Schritte sind nicht ausgeschlossen. Momentan ist er gerade wieder auf Wohnungssuche. Allerdings in Hamburg. »Dort brummt es nicht. Aber eigentlich will ich meine Heimat nicht verlassen.« Daniel Köhler

Artikel vom 14.02.2006
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