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Historikerin Marita Krauss im Alpinen Museum
Praterinsel · Sozialdemokraten im Verein
Praterinsel · Der renommierten Historikerin Prof. Dr. Marita Krauss (LMU München) fiel vor einiger Zeit bei Recherchen eine besondere Konstellation auf: Mehrere bedeutende Sozialdemokraten waren vor dem Ersten Weltkrieg aktive Mitglieder in der Sektion Oberland des Deutschen und österreichischen Alpenvereins, die wenige Jahre später nationalsozialistisch ausgerichtet war.
In einem Vortrag am Donnerstag, 9. Februar, 19 Uhr, im Alpinen Museum, Praterinsel, beleuchtet Krauss nun diese etwas andere Tradition der Vereinsgeschichte und gibt damit einen Einblick in politische Ausrichtung, Mitgliederstruktur und Aktivitäten des größten deutschen Bergsteigerverbandes, bevor der Verein in nationalsozialistisches Fahrwasser geriet.
»Bergfreunde. Sozialdemokraten in der Münchner Alpenvereinssektion Oberland vor dem Ersten Weltkrieg.« lautet der Titel des Vortrags. Die Münchner Sektion Oberland des Deutschen Alpenvereins gehörte in der Zeit des Nationalsozialismus zu den regimekonformen Teilen des Gesamtvereins. Doch es gibt auch eine andere Tradition der Sektion: In den Mitgliederlisten vor dem Ersten Weltkrieg finden sich Namen wie Dr. Carl Lehmann, Münchner Arzt und Gemeindebevollmächtigter, bei dem Lenin und die Spitzen der russischen Emigration aus- und eingingen; Adolf Müller, Chefredakteur der sozialdemokratischen Zeitung »Münchner Post«; Eduard Schmid, Erhard Auer, Johannes Timm und Philipp Scheidemann, sozialdemokratische Abgeordnete und Spitzenfunktionäre; Maxim und Costia Zetkin, Söhne der linken Frauenrechterlin Clara Zetkin. Dr. Carl Lehmann war nicht nur einfaches Mitglied, sondern Hüttenreferent im Karwendel, verantwortlich für Bau und Erhaltung der Lamsenjochhütte. Er und Adolf Müller hielten vielfach Vorträge in der Sektion und nahmen aktiv am Vereinsleben teil.
Auf Fotos sieht man Pater Leo, Wirtschaftsleiter des Benediktinerklosters Fiecht in Tirol, auf dessen Grund und Boden die Lamsenjochhütte stand, einträchtig mit den sonst von der Kirche verteufelten Sozialdemokraten beim Weine.
Wie war das möglich? Warum sammelten sich gerade in diesem eher bürgerlichen Verein, in dem Staatsanwälte, Beamte, Kaufleute Mitglieder waren, die Spitzen der reformistischen bayerischen Sozialdemokratie? Marita Krauss berichtet über einen weitgehend unbekannten Teil der Vereinsgeschichte der Sektion Oberland.
Artikel vom 08.02.2006Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp
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