John Cale bleibt im (Velvet) Underground

München - Avantgarde statt Gefälligkeit

John Cale spielte die (erste) Geige bei „Velvet Underground“.

John Cale spielte die (erste) Geige bei „Velvet Underground“.

John Cales Herz schlägt manchmal härter als man glauben mag, wenn man nur seine Balladen kennt. Er scheint jedenfalls regelmäßig darauf hinweisen zu wollen, dass er kein Kuschelrocker ist. Immer wieder lässt er E-Gitarren zu großen Gefühlen kreischen, zu Gefühlen, die eigentlich nach samteneren Tönen verlangen.

Dass er es daher selten hinbekommt, lupenreine Balladen zu spielen oder durchgehend harten Sound zu hämmern, hindert ihn vermutlich schon zeitlebens daran, ein überall geliebter Superstar zu werden und Konzerthallen bis auf den letzten Platz zu füllen.

Freuen können sich dafür seine Fans, weil sie Cale auch in kleinen Clubs wie im Münchner Backstage sehen können – beispielsweise am Dienstag ab 20.30 Uhr.

Wenn man von Cale spricht, kommt man natürlich nicht umhin zu erwähnen, dass der heute 63-Jährige einst die Geige bei „Velvet Underground“ spielte – manchmal sogar die erste Geige: er soll ja für das Avantgarde-Gepose der Band verantwortlich gewesen sein. Denn auch, wenn Lou Reed als Hauptsongwriter und Leadsänger im Mittelpunkt stand, ist vor allem Cales Einfluss auf den spezifischen Bandsound unverkennbar: Ohne seine singenden Viola-Parts wären „Venus In Furs" oder „Heroin", ohne sein stampfendes Klavier „I'm Waiting For The Man" undenkbar.

Nach nur drei Jahren Bandgeschichte allerdings verließ Cale im Jahr 1968 „Velvet Unterground“; über die wahren Ausstiegsgründe schweigen sich die (noch lebenden) Bandmitglieder bis heute aus. Bekannt war allerdings, dass Cale und Reed nicht gut miteinander konnten. Als Überbleibsel aus dieser Zeit spielt Cale heute noch Hits wie „Venus in Furs“ auf seinen Konzerten, bevor er sich seinen harten wie zarten Solonummern zuwendet.

Nach seinem Abschied von „Velvet Underground“ übrigens arbeitete er zunächst vor allem hinter den Kulissen, er produzierte die ersten Alben von Nico und den „Stooges“ – und auch Patty Smith’ Meisterwerk „Horses“. Später betreute er Nick Drake, „Element Of Crime“ und die „Happy Mondays“.

1970 erschien mit „Vintage Violence“ seine erste Solo-Scheibe. Es gilt zugleich als eines seiner besten und gefälligsten Werke; dass sich Cale allerdings vom Avantgarde-Gedanken nicht lossagte, bewies er in vielen weiteren Alben – bis heute: Auch sein aktuelles Werk „Black Acetate“ pendelt ordentlich zwischen Dissonanz und Eingängigkeit. Von Nadine Nöhmaier

Artikel vom 02.02.2006
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