In dieser Serie stellen wir in loser Reihenfolge ungewöhnliche Nachbarn vor

Eching · Stadt-Bewohner

Josef Riemensberger mit der Zuchtstute »Able Maid« (rechts) und Erwin Pirwas mit der sieben Monate jungen Tochter »Able’s Best« (links). 	Foto: pa

Josef Riemensberger mit der Zuchtstute »Able Maid« (rechts) und Erwin Pirwas mit der sieben Monate jungen Tochter »Able’s Best« (links). Foto: pa

Eching · Ein ganz normaler Tag in einem etwas ungewöhnlichen Pferdestall: Sieben Uhr morgens in Eching am Stadtrand und Minus 14 Grad. Erwin Pirwas, dick eingepackt, dreht den Schlüssel in der Stalltür. Freudiges Wiehern und aufgeregtes Gebrummel begrüßt den Pferdepfleger. 16 braune Pferdeköpfe mit dickem glänzendem Fell recken sich ihm entgegen. Die Pferde haben Hunger. Dann nimmt der ganz normale »Alltagsstress« im »Traber-Stall« von Echings 1. Bürgermeister, Josef Riemensberger, seinen Lauf.

Alle Pferde wollen gefüttert, gemistet, auf die Koppel gebracht und gebürstet werden. Für Erwin kein Problem. »Ich bin jetzt seit fünf Jahren hier am Hof,« so der gelernte Hufschmied, der früher auf der Rennbahn in Daglfing arbeitete. »Ich bin jeden Tag hier. Seit vier Jahren habe ich keinen Urlaub gemacht. Aber das stört mich nicht. Ich vermisse nichts. Ich hab meine Pferderl und einen guten Chef, das ist die beste Entschädigung.« Und der »Chef«, der schaut in seiner Mittagspause oftmals ganz sportlich mit dem Fahrrad vorbei. Dann gibt es einen kurzen Plausch mit seinem Pferdepfleger, meist über den jeweiligen Entwicklungs- oder Trainingsstand der edlen Tiere.

Mittlerweile ist es 10 Uhr, alle Pferde sind auf der Koppel und Erwin ist damit beschäftigt, die Boxen der Tiere sauber zu machen und dick Spähne und Stroh einzustreuen.

»Ich habe den Hof schon immer,« so Riemensberger, »Vor gut zehn Jahren hat mir ein Bekannter den Vorschlag gemacht doch einen Pferdestall zu den damaligen Rinderstallungen dazu zu bauen. Da ich für neue Dinge immer offen bin, habe ich zugestimmt. Und so ist meine Leidenschaft, ich bin gelernter Landwirt, für diese Tiere immer größer geworden. Vor allem für die Traber. Mit dem Reiten hab ich es nicht ganz so.« Er lacht.

Mittlerweile stehen immer rund 15 bis 20 Kaltblüter, hauptsächlich Traber, bei Josef Riemensberger im Stall. Diese Pferde werden vor einen sogenannten »Sulky«, ein zweirädriges Gefährt, gespannt und laufen davor in der zweiten Pferdegangart, dem »Trab«. Bis zu 60 Kilometer pro Stunde können die Spitzenpferde an Tempo gewinnen. Die Hauptarbeit von Josef Riemensberger und Erwin Pirwas besteht darin, Fohlen groß zu ziehen und sie an den Menschen, Halfter, Geschirr und den Sulky zu gewöhnen. Drei Mutterstuten sind im Stall von Riemensberger zuhause. »Später lernen die Fohlen dann bei uns alles wichtige, was ein gutes Fahr- oder Reitpferd können sollte.« erzählt Riemensberger. »In den Transportwagen gehen, sich ordentlich führen zu lassen und vieles mehr. Erst wenn das Jungpferd das alles beherrscht kann mit dem Training begonnen werden.«

Erwin Pirwas ist geübt in solchen Sachen und Riemensberger ist froh, ihn dazu zu haben. »Die Pferde sind so schlau und gelehrig«, meint Erwin. »Du musst dich nur mit ihnen beschäftigen und ihnen Zeit geben. Denn nur in der Ruhe liegt die Kraft. Sonst geht nix.«

Dabei legt der erste Bürgermeister von Eching großen Wert darauf, mit wenig Aufwand ein optimales Ergebnis zu erzielen. »Wir möchten die Tiere so naturnah wie möglich hier halten.« sagt er. So ist der Stall in Eching auch nicht beheizt. Die Tiere legen sich ein dickes, warmes Winterfell zu, hier friert keiner. Und sollte im Stall die Temperatur doch einmal unter die null Grad Grenze sinken, springt eine automatische Wasserheizung an, damit die Pferdetränken nicht einfrieren. Mittags holt Erwin seine vierbeinigen »Weibis und Bubis«, wie er sie liebevoll nennt, wieder in den Stall. Dann wird gebürstelt, und je nach Wetter und Trainingsstand der jeweiligen Tiere geht es dann ab auf die 1000 Meter lange Bewegungsbahn.

Gegen sieben Uhr ist dann wieder Fütterungszeit im Stall. Heu und Kraftfutter. Auch die vier Katzen am Hof gehen nicht leer aus. Sie halten ihn schließlich von Mäusen und Ratten frei. Und dann, gegen acht Uhr, wird das Licht im Stall gelöscht. »Bis Morgen, schlaft gut. Weibis und Bubis.« ruft Erwin in die Stallgasse. Und dann geht auch er nach Hause. Schließlich muss er früh wieder raus.

Artikel vom 25.01.2006
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