Albrecht Ackerland über Ehrenbürger

„Da schau her“

Joseph Kardinal Ratzinger sollte einst Ehrenbürger von München werden. Das hat nicht geklappt. Franz-Josef Strauß sollte auch einmal Ehrenbürger der Stadt werden. Das hat geklappt, schon 1981. Strauß ist längst im Himmel, Ratzinger nur halb – aus ihm wurde Benedikt XVI. Wer von den beiden hat nun die Nase vorn, möchte man fragen.

Benedikt, so genannter Stellvertreter Gottes auf Erden? Eigentlich Strauß, hat er doch neben seiner huldvollen Ehrenbürgerwürde sicherlich auch einen Platz am Stammtisch Gottes im Himmel erhalten. Flügel in Maßkrugform trägt er wahrscheinlich auch noch.

Doch Benedikt XVI. könnte bald gleichauf ziehen. Gerade wurde wieder der Versuch gestartet, ihn zum Ehrenbürger zu machen. Das geht, auch wenn's schonmal für den "Man formerly known as Ratzinger" nicht hingehauen hat, denn jetzt ist er quasi ja schon halb im Himmel. Ein neuer Anlauf also. Von wem? Unsinnige Frage – von der CSU natürlich.

Die CSU hat's derzeit nicht leicht: Der Stoiber nervt sie irgendwie, alle haben sich schon so auf den Minipräsi Erwin gefreut, das wäre wieder recht fein stammtischig geworden. Doch der Edmund hat in Berlin Angst gekriegt und peinlicht sich jetzt durch die Provinzpolitik – Sie kennen ja die Geschichte.

Außerdem ärgert sich die CSU, weil nicht alle im Stadtrat dem Papst so huldigen wollen, wie sie es sich vorstellt. Die Grünen gar zerren wieder diese Frauen- und Schwulen- und Kondomreden vom Ratzinger ans Licht. Alles hinfällig, meint die CSU, denn aus Ratzinger wurde das Licht selbst. Am allermeisten ärgert die CSU aber, dass sie nicht weiß, ob sie sich im nächsten September jetzt mehr auf den Papa aus Rom oder auf die Maß auf der Wiesn freuen soll – Papstbesuch und Oktoberfeststart finden nahezu zeitgleich statt. Wenn man aber mal ehrlich ist: eigentlich passt das doch. Denn die einen bekommen von beidem einen Rausch. Und die anderen fliehen vor beidem.

Bleibt immer noch das Ehrenbürgerproblem. Mein Vorschlag: Benedikt bekommt seinen Ehrentitel. Aber nur, wenn er den ersten Banzen auf der Wiesn anzapft – der Ude wird's verzeihen – und anschließend eine Andacht im Hofbräuzelt hält. Da hängt schließlich der Ambrosius drin, Sie wissen's, der mit den Flügerln. Das erinnert dann alle ein bisserl an den Franz-Josef. So kämen alle wieder zusammen.

Artikel vom 15.12.2005
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