Luca Cherubino über Sterne

„Da schau her“

Lichttechnisch gesehen bin ich genau das Gegenteil dessen, was ich sonst nicht bin. Normalerweise habe ich eine sehr starke, emotional begründete und oft auch irrationale Meinung zu den meisten Dingen. Was Licht, besonders künstliches, angeht, halte ich mich für pragmatisch. Wenn es dunkel wird, muss halt Kunstlicht her. Wie sollte man nachts sonst lesen, schreiben oder arbeiten können?

Was das dann für ein Licht ist, ist mir egal. Natürlich kann ich mir Angenehmeres vorstellen, als seine Wohnung mit Neonlampen auszustaffieren, so dass man sich darin fühlt wie in einem mittelprächtigen, unpersönlichen Supermarkt. Aber Menschen, die darauf bestehen, ihre Räumlichkeiten nur mit indirekten Lichtquellen zu beleuchten oder gar, ganz nach skandinavischem Vorbild, nur kleine Tischlampen aufzustellen, sind mir dann doch suspekt.

Wobei ich eines zugeben muss: Große, weiße Lichtquellen nerven vor allem in lauen Sommernächten. Dann nämlich, wenn das ganze Schlafzimmer voller Insekten ist, die sich vom Licht nicht nur angezogen fühlen, sondern auch noch die dumme Angewohnheit haben, wie besoffene Rennfahrer um dieses herumzukreisen.

Und jetzt haben Umweltforscher zu allem Übel auch noch herausgefunden, dass es in unseren Städten nachts viel zu hell ist. Die vielen Straßenlaternen, Schaufensterlichter, Leuchtreklamen und Himmelsstrahler lassen nicht nur die oben erwähnten Insekten verrückt werden und sterben, sondern bringen auch uns Menschen um den Schlaf. Weil wir nämlich vor allem in der Arbeit viel zu wenig natürliches Tageslicht bekommen und auch nachts das Kunstlichtbombardement keineswegs abnimmt, sei unsere biologische Uhr jetzt schon empfindlich gestört. Die Schäden durch die so genannte „Lichtverschmutzung“ könnten uns also allen noch teuer zu stehen kommen. Zu allem Überfluss raubt das Kunstlicht uns auch noch den Sinn für Romantik: Die Forscher fürchten, dass bald so viele Lichter die Städte überfluten könnten, dass ein Blick auf den Sternenhimmel unmöglich werden wird. Und das nervt mich wirklich. Wie soll ich denn dann meiner Liebsten noch Komplimente machen? Etwa so: „Du bist so schön wie die Sterne, die wir gerade nicht sehen?“ Nein, danke! Ich gehe mir jetzt lieber ein paar Tischlampen kaufen.

Artikel vom 24.11.2005
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