Wenn die Medizin nichts mehr tun kann: Hospiz ist mehr als Sterbebegleitung

München Nord-Ost · Normal leben bis zuletzt

Claudia Trautloft ist eine der 140 ehrenamtlichen HospizhelferInnen des CHV. Sie richtet auf dem Foto gerade ein Getränk im Schnabelbecher an. Foto: kt

Claudia Trautloft ist eine der 140 ehrenamtlichen HospizhelferInnen des CHV. Sie richtet auf dem Foto gerade ein Getränk im Schnabelbecher an. Foto: kt

München Nord-Ost · Nur allzu oft wird es gern verdrängt, in unserer auf Spaß und Jugend fixierten Gesellschaft: Sterben, Tod und Trauer. Dabei ist das doch auch Teil des Lebens. Genau das ist der Ansatz der Hospizbewegung (von lat. hospitum= Herberge), die das Leben von seinem Beginn bis zu seinem Tod als ein Ganzes betrachtet.

Wenn die Medizin nichts mehr tun kann helfen Hospizvereine beim Sterben zu Hause, möglichst schmerz- und angstfrei. Denn besonders wenn jemand unheilbar krank ist, stellt sich Hilflosigkeit ein – beim Patienten und bei den Angehörigen.

Speziell im Münchner Nordosten gibt es vier Hospizvereine. Diese Hospizvereine knüpfen ein Helfernetz, um sterbenden Menschen das Leben bis zuletzt noch lebenswert und menschenwürdig zu gestalten. Das hat sich auch der Christophorus Hospiz Verein e.V. (CHV) auf seine Fahne geschrieben. Er ist der älteste Hospizverein in Deutschland, feiert heuer sein 20-jähriges Jubiläum und ist seit kurzem vom Rotkreuzplatz in die Effnerstraße 93 umgezogen. »Sterben ist ein Teil des Lebens. Dieser Vorgang soll weder verkürzt noch verlängert werden«, sagt Cornelia Lanzinger vom CHV, der münchenweit mit vier Hospizfachkräften, vier Sozialpädagogen und 140 Ehrenamtlichen arbeitet. Die Ehrenamtlichen im Alter von 20 bis 85, die der CHV auch selbst ausbildet, besuchen die Schwerkranken, der größte Teil sind Krebserkrankungen, unternehmen was mit ihnen und entlasten die pflegenden Angehörigen.

Die wenigsten todkranken Menschen in Deutschland werden so betreut, rund 80 Prozent sterben mangels Alternative im Krankenhaus oder Pflegeheim. Doch der Bedarf an Information und Hilfe wächst: 730 Anfragen regisitrierte allein der CHV, der sich aus Spenden und Bußgeldern selbst finanziert und deren Hilfe für Patienten komplett kostenlos ist, im vergangenen Jahr. Daraus ergaben sich 440 Begleitungen, meist bis zum Tod. Die Nöte und Bedürfnisse der Kranken und ihrer Angehörigen stehen dabei im Mittelpunkt. »Denn Sterben ist so individuell wie ein Menschenleben«, betont Lanzinger. Neben Betreuung zuhause, einer offenen Trauergruppe und Hilfe, etwa zu Fragen der Patientenverfügung, bietet der CHV ab Januar eine stationäre Einrichtung, im Moment in der Lindwurmstraße, ebenfalls in der Effnerstraße 93, mit 16 Einzelzimmern.

Die Hospizvereine beraten in medizinischen, persönlichen, rechtlichen und finanziellen Fragen und verstehen sich dabei nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung und Partner des Gesundheitswesens, von Sozialstationen, Pflegediensten, Kliniken, niedergelassenen Ärzten und Seelsorgern. Sie arbeiten überparteilich, überkonfessionell und unterliegen der Schweigepflicht. Die Hilfe ist nicht abhängig von einer Mitgliedschaft in einem Hospizverein. Als Begründerin dieser Art von Hospizidee gilt die englische Ärztin Cicely Saunders. Ihr 1967 eröffnetes St. Christopher’s Hospice in London unterschied sich zu den herkömmlichen Hospizen dadurch, dass ärztliche, pflegerische, psychosoziale und spirituelle Betreuung unter Einbeziehung der Angehörigen gleichwertig verbunden wurden.

Hier finden Sie alle Adressen der Hospizvereine im Münchner Osten: Christophorus Hospiz Verein e.V., Effnerstraße 93, 81925 München, Telefon 13 07 87-0, www.chv.org.

Hospizgruppe der Nachbarschaftshilfe Aschheim e.V., Watzmannstraße 20, 85609 Aschheim, Telefon 9 04 45 89.

Hospizgruppe der Nachbarschaftshilfe Ismaning, Reisingerstraße 27, 85737 Ismaning, Tel. 96 07 99 30.

Hospizkreis-Initiative Unterföhring in der Seniorenbegegnungsstätte »Feringahaus«, St.-Florian-Straße 2, 85774 Unterföhring, Tel. 95 82 18 85.

Für den Landkreis bietet das Landratsamt kostenlose Kurse für ehrenamtliche Hospizhelfer an. Kontakt über die Hospizvereine oder beim Landratsamt am Mariahilfplatz unter Tel. 62 21- 22 56.

Eine offene, überkonfessionelle Trauergruppe bietet die Pfarrei St. Johannes am Preysingplatz, die es dort seit sechs Jahren gibt, und die sich einmal im Monat in Haidhausen trifft (meist der dritte Donnerstag im Monat, 19 Uhr). Die Gruppe leitet Elke Schmitter, Infos unter Tel. 43 46 70.

Artikel vom 31.10.2005
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