Dreharbeiten am Carl-Orff-Gymnasium »reibungslos« und doch umstritten

Unterschleißheim · »Alles lästige Wichtigtuer«

Unbemerkt? Das Produktionsteam der Pro7-Serie »Die Abschlussklasse 2006« tummelt sich derzeit auf dem Schulhof des Carl-Orff-Gymnasiums.Foto: gf

Unbemerkt? Das Produktionsteam der Pro7-Serie »Die Abschlussklasse 2006« tummelt sich derzeit auf dem Schulhof des Carl-Orff-Gymnasiums.Foto: gf

Unterschleißheim · Drei-Tage-Bart, Zigarette im Mundwinkel und die Baseballmütze tief ins Gesicht gezogen – Sympathieträger sehen anders aus. Doch das Kamerateam der Pro7-Serie »Die Abschlussklasse 2006«, das derzeit in Räumen und auf dem Schulhof des Carl-Orff-Gymnasiums (COG) dreht, ist hier, um einen Job zu erledigen.

»Verschwinden Sie, das ist ein Set!«, raunzt die junge Produktionsleiterin, während die Kameramänner den Fahrradparkplatz ins Visier nehmen. »Vordergrund macht Bild gesund«, weiß einer – und den darf niemand stören.

Solche Szenen missfallen aber inzwischen nicht nur Kritikern der Sendung. Ehemalige Schüler haben jetzt in einem offenen Brief gegen die Dreharbeiten am COG protestiert. »In unseren Augen stellt eine öffentliche Schule (...) einen Ort dar, an dem Kinder und Jugendliche neben der Vermittlung von Wissen auch die Vermittlung von gesellschaftlich akzeptierten Werten (...) erfahren«, analysieren fünf Autoren des Schreibens. Die Inhalte und Werte die jedoch in der Sendung gezeigt werden, stünden im »krassen Gegensatz« zur tatsächlichen Situation an der Schule.

Von diesen Inhalten distanziert sich auch die Schulleitung. »Wir stellen dem Team lediglich zwei Räume für ihre Arbeit zur Verfügung«, erklärte Franz Vogl, stellvertretender Schulleiter, auf Nachfrage. Diese Zusammenarbeit sei im Lehrerkollegium bereits vor zwei Jahren »durchaus kontrovers diskutiert« und in diesem Jahr eben beschlossen worden. »Heuer ist das letzte Schuljahr, in dem die beiden Räume, die wir zur Verfügung stellen, nicht benötigt werden«, so Vogl.

Schließlich geht es auch ums Geld. Laut Wolfgang Stöckl, Geschäftsleiter des Zweckverbands staatliche weiterführende Schulen in Unterschleißheim, ist mit der Produktionsfirma für die Dauer der Dreharbeiten eine Miete von 5.000 Euro pro Monat vereinbart. Gedreht wird das ganze Schuljahr über, »es soll ja so realistisch wie möglich sein«, so eine Sprecherin von Pro7.

»Ich finde, das COG ist eine wirklich gute Schule – aber dieser Zirkus mit den Dreharbeiten ist wirklich unnötig«, runzeln viele Schüler die Stirn. Vogl aber räumt alle Bedenken um den guten Ruf der Schule aus: »Wo gedreht worden ist, ist doch aus der Sendung gar nicht zu erkennen«. Darüber hinaus betont der Lehrer für Sozialkunde, Sport und Ethik, dass die Dreharbeiten weder Unterricht noch Atmosphäre an der Schule stören. Gedreht werden dürfe nur zu den Zeiten, in denen kein Unterricht stattfindet. »Jede Ausnahme wird vorher abgesprochen«, verweist Vogl auf eine »reibungslose Zusammenarbeit«.

Die Schulband musste zu Gunsten der Drehs jedoch ihren Proberaum räumen, berichten die Schüler. Auch der Nachmittagskurs »Dramatisch gestalten« habe Proben abbrechen müssen, um nicht zu stören. »Die Oberstufe jedenfalls empfindet die Produktionsleute als lästige Wichtigtuer«, fasst einer zusammen. Fans fände das TV-Team lediglich in der Unterstufe: »Für die ist das toll, sich von diesen eingebildeten Darstellern in der Pause Autogramme zu holen«.

Derweil brodelt die Gerüchteküche, wie die Miete später verwendet werden soll. »Davon sollen Videobeamer für die Klassenzimmer gekauft werden«, erzählen die Schüler. »Es werden auf jeden Fall Dinge angeschafft, die für alle einen Nutzen haben – sowohl für Schüler als auch für Lehrer«, erklärte Vogl dazu. Gerald Feind

Artikel vom 18.10.2005
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