Geplante Rollstuhlrampe im Friedmann-Bogen nach Einspruch gekippt

Olympia-Pressestadt · Hürde von Amts wegen

Für Franziska Stichlmeier sind die Stufen ein Hindernis. Christine Rapp (re.) wollte Abhilfe schaffen.cr

Für Franziska Stichlmeier sind die Stufen ein Hindernis. Christine Rapp (re.) wollte Abhilfe schaffen.cr

Olympia-Pressestadt · Fünf kleine Stufen – ein Kinderspiel. Doch für gehbehinderte Menschen stellt dieses »Kinderspiel« schnell ein unüberwindbares Hindernis dar.

Ein solches Hindernis auf dem Weg in die eigene Wohnung ist eigentlich völlig undenkbar, doch im Werner-Friedmann-Bogen in der Olympia-Pressestadt nicht nur Realität, sondern auch noch vom Amtsrichter abgesegnet und damit rechtswirksam – basierend auf geltendem Recht. Die Bauten der Olympia-Pressestadt sind jetzt über 30 Jahre alt. Damals war eine behindertengerechte Ausstattung in Neubauten längst nicht gang und gäbe. Heute leben in den rund 200 Wohnungen auch Menschen, die auf Gehhilfen oder den Rollstuhl angewiesen sind. Und die haben mit den fünf Stufen ein erhebliches Problem.

»Mir ist das im letzten Jahr aufgefallen«, erzählt Christine Rapp, die im Haus Nummer 16 wohnt. »In meiner Eigenschaft als Verwaltungsbeirätin habe ich den Vorschlag gemacht, den Eingangsbereich umzubauen, damit eine Rampe an den Stufen vorbeiführt.« Anschließend ist der Fahrstuhl erreichbar, sodass man bis in den elften Stock hinaufkommt. Das Problem sind also nur die fünf Stufen.

Doch was dann folgte, war ein juristisches Possenspiel mit der Folge, dass alles bleibt wie es ist. Obwohl die Eigentümerversammlung am 24. November 2004 mit überwältigender Mehrheit der Rampe zustimmte und auch die Verwaltungsgesellschaft keine Einwände hatte (die Planung und ein Kostenvoranschlag über knapp 9.000 Euro lagen bereits vor), konnte die Rampe nicht verwirklicht werden. Die Mehrheitsentscheidung ist nämlich dann hinfällig, wenn gerichtlich dagegen vorgegangen wird. Die Rampe stellt nämlich eine bauliche Veränderung des Hauses dar und bedarf damit einer einstimmigen Entscheidung. Laut Protokoll hatten jedoch fünf Eigentümer dagegen gestimmt.

Einer dieser fünf Gegner, ein im Haus lebendes Ehepaar, ist gegen den Mehrheitsbeschluss vorgegangen – und hat Recht bekommen. Dabei kann sich die Ehefrau selbst nur eingeschränkt fortbewegen. Sie benutzt einen Rollstuhl, kann sich aber auch auf eigenen Beinen fortbewegen. Ihr Rollstuhl ist üblicherweise im dafür geeigneten Abstellraum im Eingangsbereich des Hauses untergebracht. Der würde allerdings verschwinden, da dort die Rampe platziert werden sollte. Und so folgte der Amtsrichter in seiner Urteilsbegründung dem Argument der Kläger, dass »mit dem Umbau eine Beeinträchtigung der Rechte der Antragstellerin verbunden« sei.

Der Nachteil durch den Wegfall des Abstellraums sei für das Gericht durch den Vorteil den Rampe nicht kompensiert. Somit bekamen die Kläger Recht und alles bleibt wie es ist.

Und so ist es: »Ein Bewohner, dem ein Bein fehlt, verlässt seinen Rollstuhl an der oberen Treppenstufe, rutscht auf dem Gesäß die fünf Stufen hinunter und wartet, bis ihm jemand den Rollstuhl runterträgt«, klagt Rapp, die den Richterspruch nicht verstehen kann. Franziska Stichlmeier (86) muss ihre Gehhilfe, einen Rollwagen, selbst in einem komplizierten Manöver die fünf Stufen heruntertragen. »Mir würde die Rampe sehr helfen, aber sie kommt ja nicht«, meint sie ratlos.

Die Kläger sehen sich dagegen bestätigt: »Die Rampe wäre zu steil gewesen.« Die Idee selbst sei ja lobenswert, aber leider nicht durchdacht gewesen. Rapp kontert: »Der braucht nicht zu glauben, dass wir doof sind. Die Rampe war vom VdK abgenommen.«

Nutzt aber nix. In Berufung gegen das Urteil kann sie nicht gehen, denn die Eigentümergemeinschaft musste schon im ersten Fall die Prozesskosten tragen. Und das heißt: Keine Lösung, kein Kompromiss, keine Veränderung. C. Clever-Rott

Artikel vom 12.10.2005
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