Die Spieler des EHC München geben Rätsel auf

"Keine Punkte verdient"

Scheinbar noch nicht warm gespielt: Der EHC in seiner ersten Bundesliga-Saison.

Scheinbar noch nicht warm gespielt: Der EHC in seiner ersten Bundesliga-Saison.

Gary Prior ist zurzeit nicht zu beneiden. Der Coach des EHC München betreut eine Mannschaft, die in sechs Bundesligaspielen nur einen Punkt für sich verbuchen konnte. Er musste reagieren: Die ganze vergangene Woche über hatte er also Einzelgespräche geführt, hatte seine Spieler motiviert, versucht, ihnen Selbstvertrauen einzubläuen. Und einigen gegenüber hatte er auch deutlichere Worte verwendet.

Vor allem seine ausländischen Stars stauchte er regelrecht zusammen, schrie sie an, endlich eine angemessene Leistung zu zeigen. Ergebnis: Zwei Punkte aus den letzten beiden Spielen des Wochenendes. Ein Teilerfolg, mehr nicht. Kein echter Erfolg, weil sich die EHC-Spieler vor allem beim Heimspiel am Sonntag gegen Bietigheim-Bissingen wirklich selten dumm angestellt hatten: Innerhalb von nur 17 Sekunden zu Beginn des Schlussdrittels verspielten die Münchner, noch dazu in Überzahl, nicht nur eine 3:2-Führung, sondern auch das gesamte Spiel. Kaum zurück auf dem Eis, gewannen die Bietigheimer einen Zweikampf an der Bande und verwandelten souverän den darauf folgenden Konter. Und nur 17 Sekunden später dann noch einmal das Gleiche in Grün. Entsprechend ernüchtert klang im Anschluss die Analyse des Trainers: "Wer in Überzahl zwei Tore hintereinander bekommt, hat keine Punkte verdient. Es darf nicht sein, dass man bei einem Zweikampf an der Bande Angst hat, den Gegner anzugreifen. Da ist es auch völlig egal, dass wir davor und danach eine gute Leistung gezeigt haben!" Was Prior am meisten ärgerte: "Einige haben immer noch nicht verstanden, dass man sich in dieser Liga keine Unkonzentriertheit erlauben darf und wir bis zum Schluss kämpfen müssen." Dabei hatte das Wochenende durchaus erfolgversprechend begonnen: Am Freitag konnte die Mannschaft beim Auswärtsspiel gegen den DEL-Absteiger Wolfsburg nach einer tollen kämpferischen Leistung endlich den ersten Sieg einfahren. Zwar nur nach Penalty-Schießen, aber immerhin. Und auch am Sonntag boten die Münchner vor der enttäuschenden Kulisse von nur 1400 Zuschauern eine durchaus ansehnliche Leistung: Zwar hatte es nach elf Minuten schon 0:2 gestanden, aber die Mannschaft gab sich nicht auf und konnte noch im ersten Drittel durch ein schönes Abstaubertor John Sicinskis des Anschlusstreffer erzielen. Im zweiten Drittel zeigte die Mannschaft dann sogar zum ersten Mal in dieser Saison, was wirklich in ihr steckt: Ansehnliche Kombinationen, gutes Unterzahlspiel und zwei tolle Tore durch T.J. Guidarelli und wiederum John Sicinski waren die Folge. Der EHC spielte die Bietigheimer Spieler schwindelig, und jene reagierten völlig kopflos: Dumme und brutale Fouls wechselten sich ab, und langsam wurde die Strafbank zum Stammplatz einiger württembergischer Spieler. In numerischer Überlegenheit offenbarte sich allerdings erneut die größte Schwäche der Münchner Mannschaft: Das viel zu harmlose und uneffektive Überzahlspiel. Statt das Ergebnis also im zweiten Drittel klarzumachen, folgte das bekannte Finale: Knockout im Schlussdrittel. Dementsprechend war nach dem Spiel auch die Stimmung im Stadion: Bereits einige Minuten vor Spielende leerte sich die Nordkurve. Auch der VIP-Raum war nach dem Spiel wesentlich leerer als sonst. Die verbliebenen Honoratioren flüchteten sich in Sarkasmus. "Die sind einfach zu blöd zum gewinnen" war da noch die harmloseste Aussage. Lediglich EHC-Präsident Jürgen Bochanski zwang sich Zweckoptimismus auf: "Noch sind wir nicht abgestiegen", und EHC-Sprecher Carsten Zehm meinte nur: "Unsere Zeit kommt noch!" Fragt sich nur, wann. Immerhin: Am Freitag geht es zum Tabellenschlusslicht nach Weißwasser.

Artikel vom 11.10.2005
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