Praxisklasse der Hauptschule macht fit für den Ausbildungsplatz

Unterschleißheim · 14 Schüler – ein Ziel

Und das Ziel heißt »Ausbildungsplatz«: Die Praxisklasse mit Klassenleiter Thomas Blechner (l.), Förderlehrerin Martina Kauschinger und Sozialpädagogin Barbara Gulde (v.r.) hat sich viel vorgenommen.	 Foto: gf

Und das Ziel heißt »Ausbildungsplatz«: Die Praxisklasse mit Klassenleiter Thomas Blechner (l.), Förderlehrerin Martina Kauschinger und Sozialpädagogin Barbara Gulde (v.r.) hat sich viel vorgenommen. Foto: gf

Unterschleißheim · Barbara Gulde hat in ihrem Büro ein eigenes Telefon. Was für viele wie eine Selbstverständlichkeit scheint – die Sozialpädagogin der AWO an der Hauptschule Unterschleißheim hat dafür gekämpft.

Denn dieses Telefon hilft den Jugendlichen der Praxisklasse entscheidend die ersten wichtigen Schritte in Richtung Lehrstelle zu tun. »Oft haben sie richtige Hemmungen bei einem Fremden anzurufen«, berichtet Gulde. Das sichere K.O. bei jedem Bewerbungsgespräch – dort setzt die Praxisklasse an.

Seit vier Jahren beschäftigt sich Thomas Blechner, Klassenleiter der Praxisklasse, zusammen mit Gulde und seit kurzem verstärkt mit Förderlehrerin Martina Kauschinger damit, die Schüler in der Praxisklasse fit für einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Dabei startet die Klasse jedes Jahr unter denkbar schlechten Voraussetzungen. »Das ist keine homogene Gruppe«, weiß Grube. Und Blechner weiß warum: »Die Schüler, die in die Praxisklasse aufgenommen werden, kommen aus dem ganzen nördlichen Landkreis.«

Die Jugendlichen haben meistens schon ein paar »Ehrenrunden« gedreht und »da mangelt es an ganz grundlegenden Schlüsselqualifikationen«, ergänzt Kauschinger. Ein normaler Hauptschulabschluss scheint unerreichbar.

Das letzte schulpflichtige Jahr bekommen die Schüler in der Praxisklasse daher die Gelegenheit in einer intensiven Betreuung – drei Lehrkräfte für 14 Schüler – Versäumtes aufzuholen. »Da sind zum Teil gravierende Lücken bei Grundrechenarten und Rechtschreibung«, fällt Kauschinger auf, wenn sie die kleinen Lerngruppen von vier bis sechs Schülern beobachtet.

Neben dem Lernstoff geht aber vor allem ums Erfahrung sammeln. »Viele saßen in der Regelklasse in der letzten Reihe – hier geht das nicht, da ist jeder gefordert«, motiviert Blechner seine Klasse. Viel Handwerk steht im Stundenplan, acht Praktika absolviert jeder einzelne pro Schuljahr, in Rollenspielen werden Bewerbungsgespräche geübt, unzählige Bewerbungsschreiben und Lebensläufe getippt. »Es ist erstaunlich, wie das den Schülern ihr verloren geglaubtes Selbstvertrauen zurück gibt«, sieht sich das junge Pädagogen-Trio bestätigt.

Bestätigung gabs jüngst auch aus dem Unterschleißheimer Stadtrat. Der bewilligte einen neuerlichen Zuschuss für das Projekt von bis zu 25.000 Euro bis zum Jahr 2007. Finanzmittel, die später aus dem EU-Sozialfonds erstattet werden sollen.

Da kommt auch das Telefon wieder ins Spiel, das schließlich auch bezahlt werden will. »Damit halte ich den heißen Draht zu Betrieben und Praktikastellen aufrecht«, beschreibt Gulde die Büroarbeit. Während Blechner und Kauschinger die Lerngruppen aus ihrer Lethargie rauslocken, hakt Gulde auch mal bei den Eltern nach. »Die merken oft erst spät, was sie bei der Erziehung versäumt haben. Da heißt es dran bleiben.« Damit nach der Schulzeit nicht nachgelassen wird, die Familie an einem Strang zieht.

Neun von zwölf Teilnehmern erhielten im vergangenen Jahr eine Lehrstelle. 14 von 14 haben das in diesem Jahr zum Ziel. Ganz offiziell sogar, denn der erste Ausbildungsvertrag war der, den sie beim Übertritt in die Praxisklasse unterschreiben mussten. G. Feind

Artikel vom 04.10.2005
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