Kurzzeitpflege in Oberschleißheim wird geschlossen

Unter-/Oberschleißheim · Die Zeit ist abgelaufen

Unter-/Oberschleißheim · Die Pflegeversicherung ist eine komplizierte Sache. Fernab jedes festen Vorsatzes in Sachen Bürokratieabbau haben die einzelnen Ausgleichsregelungen in den vergangenen Jahren einen wahren Achterbahnkurs hinter sich gebracht. Doch diese Achterbahnfahrt kommt nicht ohne Opfer aus. Jüngster Verlierer im Reformwirrwarr ist offenbar die Kurzzeitpflege der Caritas in Oberschleißheim.

»Das ist nicht nur für mich sehr schade – für die Angehörigen der Patienten ist es noch viel schlimmer«, beschreibt Wolfgang Holzner, Leiter des Caritas-Zentrums Schleißheim/Garching, das Ausmaß der Entscheidung, die Kurzzeitpflege in Oberschleißheim zum Jahresende einzustellen. Ein Defizit von rund einer Million Euro hätte die Kurzzeitpflege in den vergangenen fünf Jahren erwirtschaftet.

Gravierende Veränderungen beim Personalschlüssel und die Einführung der Pflegestufen hätten dafür gesorgt, dass zusätzliches Personal eingestellt werden musste, um die Pflegequalität zu gewährleisten. »Da in der Kurzzeitpflege überwiegend Patienten mit Pflegestufe 1 und 2 untergebracht werden, die aber etwa im Falle von Alzheimer-Erkrankung wesentlich betreuungsaufwändiger sind, ergaben sich zusätzliche Verluste«, fasst eine Pressemitteilung der Caritas-Zentren nüchtern zusammen. »Um kostendeckend zu arbeiten hätten wir 365 Tage im Jahr mit fünf Pflegern arbeiten müssen«, rechnet Holzner vor. Um die Qualität der Kurzzeitpflege zu erhalten wurde allerdings mit doppeltem Personalaufwand auf Kosten der Caritas dagegen gehalten, »und irgendwann klafft die Schere einfach zu weit auseinander«.

Der Versuch, die Kurzzeitpflege mit einer gezielten Erweiterung von zehn auf 30 Betten in ein wirtschaftlicheres Korsett zu zwängen, scheiterte. Norbert Huber, Geschäftsführer der Caritas-Zentren München Stadt/ Land: »Wir konnten einfach keinen geeigneten Standort finden.« Zum Leidwesen pflegender Angehöriger. Die Kurzzeitpflege soll nämlich all jene Entlasten, die ihre Angehörigen zu Hause pflegen. Der Wegfall einer weiteren Einrichtung im Münchner Norden – es gibt nur noch vier Kurzzeitpflegestationen im nördlichen Landkreis, die nächste in Eching – erhöhe den Druck auf die Angehörigen, »die jetzt kaum noch Möglichkeiten haben, mal eine Pause einzulegen oder Urlaub zu machen«. »Die Angehörigen werden sich immer früher entscheiden, einen Pflegefall in ein Heim zu geben«, blickt Huber in die Zukunft. Eine Tendenz, die eigentlich gegen die politische Intention zielt, Angehörige mehr in die Altenpflege einzubeziehen. Das sei humaner und kostengünstiger – ohne Kurzzeitpflege jedoch kaum denkbar. »So etwas kommt nicht selten vor«, nimmt Holzner das bedenkliche Paradoxon zwischen Sinn und Unsinn in der Pflege zur Kenntnis.

Einen direkten Ersatz für die Kurzzeitpflege in Oberschleißheim hat die Caritas nicht zu bieten. Zwar böte sich der Standort Eching an, »aber die werden wohl kaum aufstocken können«, so Holzner.

Auch hätten manche Krankenhäuser bereits eine Kurzzeitpflege-Station eingerichtet, »vor allem um die medizinische Nachsorge zu gewährleisten«, weiß Huber. Von einer flächendeckenden Versorgung bei der Kurzzeitpflege könne jedoch keine Rede sein. Seit 1987 betreut Holzner die Einrichtung in Oberschleißheim, er hatte sie mit aufgebaut. Noch in diesem Jahr wird Holzner sie wieder schließen müssen. G. Feind

Artikel vom 28.09.2005
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