Der Künstler Herbert Achternbusch hat seine Bedienungen portraitiert

Zentrum · Schauspiel am Ausschank

»Es gefällt mir. Aber es hat nicht viel mit meiner Persönlichkeit zu tun.« Adina Huber vor ihrem Achternbusch-Portrait. 	Foto: nan

»Es gefällt mir. Aber es hat nicht viel mit meiner Persönlichkeit zu tun.« Adina Huber vor ihrem Achternbusch-Portrait. Foto: nan

Zentrum · Immer sitzt er am gleichen Platz am Kopfende eines langen Tisches in der Schwemme, und beobachtet, und trinkt Biere, und beobachtet, und zeichnet. Der Filmemacher Herbert Achternbusch (»Das Gespenst«, »Herz aus Glas«) ist Stammgast im »Weißen Brauhaus« im Tal, und sagt über seine häufigen Wirtshaus-Besuche: »Hier sitze ich und warte auf Einfälle, denn ohne Idee mag ich nichts machen.«

Eines Tages im Jahr 2003 aber kam ihm die Idee, er könnte die Kellnerinnen, die um ihn herum wuseln, malen: Adina mit den schwarz umrandeten Augen, Heike mit den strengen Gesichtszügen, die schnelle Anita. 16 überlebensgroße Kellnerinnen-Porträts sowie 34 kleinformatige Bier-Bilder hat er daraufhin fabriziert.

Jetzt stellt er diese bis 1. Oktober im »Malerwinkel« im ersten Stock des Brauhauses sowie in den Schaufenstern der Böhmler-Passage unter dem Titel »Bier« aus. Gut gekühlt hat Achternbusch hierbei dem Kunstbetrieb den Rücken gekehrt: »Weil ich von Galerien nichts halte, kommen mir diese Örtlichkeiten sehr entgegen«, sagte er bei der Eröffnung seiner Schau.

»Der Achternbusch kommt mehr zum Beobachten denn zum Essen zu uns«, bemerkt auch Kellnerin Adina Huber. »Er lebt sehr in seiner Welt versunken, spricht nur das Nötigste mit uns und anderen Gästen.« Doch auch, wenn er ihnen scheinbar nicht viel zu sagen hat – Gedanken macht sich Achternbusch viel über die Kellnerinnen: »Schauspielerinnen könnten sie allesamt sein«, findet er. »Wenn sie in ihre Arbeitskleidung steigen, schlüpfen sie automatisch in eine Rolle. Als neue Persönlichkeiten bewegen sie sich dann wie Filmstars in der Öffentlichkeit.«

Wenn er eine seiner Bedienungen »in den Massen im Tal in Zivil« entdeckt, sei er jedes Mal überrascht, denn »wie die Männer in öffentlichen Ämtern aufgeblasen werden, werden die Bedienungen im Dienst schöner, gefasst von ihrer Uniform in Schwarz und Weiß, stolze Krähen und schäkernde Elstern.« Gemalt hat er diese »Krähen und Elstern« abstrakt – und doch fleischlich, mal als Säuferin, mal als Mutter, mal erotisch, mal übernächtigt. »Ich finde es interessant, wie er mich sieht«, sagt Kellnerin Adina. »Es gefällt mir. Aber ich finde, das Bild hat nicht viel mit meiner Persönlichkeit zu tun. Es zeigt nur, was Herr Achternbusch in mich hinein interpretiert.«

In sein Lieblingsgetränk, das Bier, interpretiert der Künstler ebenfalls jede Menge hinein. Oder besser: Er stellt es in seinem Bilder-Zyklus in verschiedene Zusammenhänge. Er malt beispielsweise ein Bier vor einer Berg-Kulisse; einen Masskrug, der zwei Buben als Pissoir dient; ein Bier, das vor einer Nackerten steht. Und unter sein letztes Bier-Bild schreibt er: »Die Moral von der Geschicht: Vernachlässige dein Bier nicht.«

Der Betrachter sieht: Die Bier-Ausstellung fügt sich gut in das Werk des Wahlmünchners ein, das oft nicht gerade vor Subtilität strotzt, aber einzigartig in seiner Direktheit und Aufmüpfigkeit ist. Ein Prosit auf Herbert Achternbusch!

Artikel vom 31.08.2005
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