Trotz Skepsis sehr viel Ehrgeiz bei der Wochenanzeiger/TriTop-Mannschaft auf der Deutschland-Rundfahrt

»Der Blümchensattel war bequemer«

Skeptische Blicke: Mit Dreigangschaltung und Rückenlehne den Berg hoch?

Skeptische Blicke: Mit Dreigangschaltung und Rückenlehne den Berg hoch?

München · »Das ist ein Sportgerät«, weist der kleine Aufkleber auf dem Rahmen aus. Doch hier müssen sich die Fahrradbauer geirrt haben, denn bei den Bonanza-Bikes handelt es sich eindeutig um »Kultgefährte«. Peppige Lackierung, der langgezogene Lenker, die legendäre Rückenlehne und die chefige Revolverschaltung – in den 70er-Jahren schon ein Muss für jeden Radl-Fan – erfährt das Bonanza-Fahrrad anno 2005 eine wundersame Wiederbelebung.

Damit nicht genug, treten am heutigen Donnerstag, 18. August, sechs wackere Fahrrad-Sportler aus Unterschleißheim, Schwabing und Bogenhausen an, dem »Kultgefährt« zu sportlichen Ehren zu verhelfen. Das Team TriTop/Wochenanzeiger ist mit seinen Bonanza-Bikes offizieller Teilnehmer beim T-Mobile Mountain Challenge, einer offiziellen Strecke der Deutschland-Rundfahrt.

Alles aus den Drahteseln rausholen, was geht, das haben sich Martin Hoffmann, Werner Ettenhofer, die beiden Unterschleißheimer Christian Weiner und Torsten Kuhn, sowie Birgit Hufnagl und Werner Müller-Schell fest vorgenommen. Schließlich macht die Mountain-Challenge ihrem Namen alle Ehre: 1300 Höhenmeter gilt es auf 13 Kilometern zu überwinden bei dem Radrennen in Sölden im Ötztal – und das mit Fahrrädern, die mit Drei-Gang-Nabschaltung und einem Gewicht von rund 17 Kilogramm alles andere als Rennmaschinen sind.

»Ankommen ist das Ziel«, stellt Ettenhofer fest, als er es sich zum ersten Mal seit 20 Jahren auf einem Bonanza-Sattel bequem macht. »Ich hatte früher auch mal so ein Fahrrad. Das hatte sogar die gleiche Farbe – nur der Sattel war geblümt«, schmunzelt der begeisterte Rennsportler, der bereits als Lizenzfahrer Profiluft geschnuppert hat. Seit einem Jahr radelt der Schwabinger Software-Tester für den TSV Unterföhring. Ebenfalls für den TSV Unterföhring mit im Team ist Martin Hoffmann aus Schwabing. Seit drei Jahren im Verein, trainiert er inzwischen den Radsport-Nachwuchs. »Dieses Gefühl von rasanter Geschwindigkeit und punktgenauer Konzentration macht diesen Sport einzigartig«, weiß der C-Lizenz-Trainer um die Reize des Radsports.

An der Deutschland-Tour mit dem Bonanza-Rad teilzunehmen sieht Hoffmann vor allem auch als Chance, auf den Radsport aufmerksam zu machen. »Im Nachwuchsbereich tut sich zur Zeit nicht viel«, runzelt der Trainer die Stirn. Dabei sei der Radsport nicht nur schneller als etwa Laufen, Joggen oder Walken, sondern auch gesünder. »Die Gelenke werden geschont obwohl der gesamte Körper gefordert ist. Das trainiert die Kondition wie nur wenige andere Sportarten.«

Funkelnde Augen bekommt auch der Unterschleißheimer Torsten Kuhn, wenn er an die Berg-Tour-Herausforderung denkt. »Ich freu mich besonders drauf, mal Jan Ullrich zu treffen«, strahlt der 25-jährige BWL-Student. Als freier Fahrer hat er mit gleichgesinnten Unterschleißheimer Bike-Freunden rund ums Schleißheimer Rad-Sporthaus bereits an einigen Rundfahrten, etwa dem 24-Stunden-Rennen auf der Olympiaanlage, teilgenommen.

Auf ganz großem Terrain konnte sich auch schon Birgit Hufnagl beweisen. Erst 2004 fuhr die Triathletin für das T-Mobile-Team die gesamte Deutschland-Rundfahrt mit – diesmal ist sie auf dem Bonanza-Bike für das Wochenanzeiger/TriTop-Team dabei und hat sich schon fest vorgenommen »den Jungs ordentlich Dampf zu machen«.

Auch zwei Nachwuchs-Radler sind für das Jedermann-Rennen im Ötztal nominiert. Für die beiden 17-jährigen Schüler, Christian Weiner aus Unterschleißheim und Werner Müller-Schell aus Wolfratshausen, der demnächst zum RV Sturmvogel wechselt, ist das Bergrennen der erste Auftritt auf derart großem Parkett. Nervös sind sie schon, denn im Gegensatz zur üblichen Ausstattung sind die Bonanzaräder sicherlich ein echter Blickfang. »Es ist immer ein tolles Gefühl, einen Berg zu schaffen«, freut sich Ettenhofer schon jetzt, die 13 Kilometer mit zehnprozentiger Steigung »niederzuradeln«. Dabei ist das ganze Team zuversichtlich das Feld ordentlich aufzumischen. Auch Hoffmann zeigt sich optimistisch: »Da geht schon was«, sprachs und radelt ein paar Meter. »Naja, wenn man sich erst einmal dran gewöhnt hat...«. Deshalb trainieren die Mannschaftsradler bereits fleißig auf ihren Trainings-Bonanza-Bikes.

»Zeitweise hatte ich 30 Stundenkilometer drauf oder sogar mehr«, beschreibt Ettenhofer die ersten Fahreindrücke. Einen Wehmutstropfen hat er allerdings gleich ausgemacht: »Ich glaube, dass der Sattel meines Bonanzarads in den 70ern bequemer war als der jetzige, was aber sicher nur daran lag, dass er geblümt war.«

Artikel vom 18.08.2005
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