»Erinnerungsprojekt Schwabing« auf der Spur von NS-Verbrechen im Viertel

Schwabing · Gegen das Vergessen

Janne Weinzierl vom Bezirksausschuss Schwabing-Freimann ist ein Mitglied des neuen »Erinnerungsprojektes Schwabing« und hat allein 700 Schicksale deportierter Juden in Schwabing nachvollzogen.	 Foto: cr

Janne Weinzierl vom Bezirksausschuss Schwabing-Freimann ist ein Mitglied des neuen »Erinnerungsprojektes Schwabing« und hat allein 700 Schicksale deportierter Juden in Schwabing nachvollzogen. Foto: cr

Schwabing · 60 Jahre ist das Ende des Zweiten Weltkriegs nun schon her, und langsam scheinen bei einigen Menschen die Gräueltaten der Nationalsozialisten in Vergessenheit zu geraten. Um dem entgegen zu wirken haben sich nun die Münchner Volkshochschule, der Seidlvilla-Verein und die beiden Bezirksausschüsse Schwabing West (BA 4) und Schwabing-Freimann (BA 12) zum so genannten »Erinnerungsprojekt Schwabing« zusammengeschlossen.

»Hauptziel ist es, den entrechteten Bürgern aus Schwabing wieder einen Namen zu geben«, erklärt Projekt-Mitglied Janne Weinzierl vom BA 12.

Deshalb hat sie alleine den ersten Band des biographischen Gedenkbuches der Münchner Juden durchgearbeitet: »Dort stehen über 700 Namen von A bis L drin, ich habe alle Schicksale von ihren Wohnungen in Schwabing bis in die Konzentrationslager verfolgt, das war manchmal keine leichte Aufgabe, aber wir dürfen diese Menschen nicht vergessen«, schildert Weinzierl. Dabei geht es nicht nur um ausgegrenzte Juden: »Natürlich geht es auch um sie, aber es wurden ja auch zum Beispiel homosexuelle Menschen einfach aus ihren Wohnungen abgeholt. Wir müssen daran erinnern, was ihnen und allen anderen Schwabinger Verfolgten angetan wurde«, sagt der Vorsitzende des BA 12, Werner Lederer-Piloty (SPD).

Nur ein Beispiel für die Skrupellosigkeit der Nazis stellt das Schicksal der Familie Landauer aus der Königinstraße 85 dar. Über 30 Jahre lebten sie in Schwabing, bis sie ihre Wohnung verlassen mussten: »Die Nachbarn müssen zugesehen haben, als Tilly und Franz in die Niederlande flohen, doch auch dort waren sie vor den Nazis nicht sicher. Tilly wurde in Auschwitz, Franz in Westerbork ermordet«, schildert Weinzierl.

Das erste Treffen des Erinnerungsprojektes findet am Dienstag, 19. Juli, um 19.00 Uhr, in der Seidlvilla statt. Alle interessierten Bürger sind herzlich dazu eingeladen, gegen das Vergessen und Verdrängen aktiv mitzuarbeiten: »Fotos und schriftliche Unterlagen sollen später einmal ein einem Buch und in einer Ausstellung in der Seidlvilla zusammengefasst werden«, erklärt Andrea Bergmann von der Münchner Volkshochschule. Vor allem auch Lehrer und Lehrerinnen sollen sich an dem Projekt beteiligen: »Wir müssen unser Wissen an die Schüler weitergeben, deshalb würden wir uns auch über die Mitarbeit zahlreicher Lehrer freuen«, hofft Weinzierl. K. Schubert

Artikel vom 07.07.2005
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...