Aus für außergewöhnliche Museen: Das ZAM schließt endgültig seine Pforten

Zentrum · Engel verlassen die Stadt

Tretautos, Schutzengel, Nachttöpfe: Alles muss raus, das ZAM schließt.	 Fotos: nan

Tretautos, Schutzengel, Nachttöpfe: Alles muss raus, das ZAM schließt. Fotos: nan

Zentrum · Ein Nachttopf aus dem antiken Rom, Händchen haltende Schutzengel aus Biskuit-Porzellan und ein schlichter Bademantel der österreichischen Kaiserin Elisabeth: In der Westenrieder Straße 41 sind auf 500 Quadratmetern sieben Einzelmuseen mit Tausenden von Exponaten zu besichtigen. Jedes der Werke ist kurioser als das andere; für alle Geschmäcker ist etwas dabei.

Es gibt hier ein Museum für Tretautos, für Nachttöpfe, zu Ehren der schönen K.u.K.-Monarchin Sissi, für Osterhasen, für Parfum-Flakons, für Schutzengel und für Bourdalou, ein Gefäß, in das sich die Damen der Gesellschaft im 18. und 19. Jahrhundert erleichtern konnten. Diese Sammelsurien sind im privaten »Zentrum für außergewöhnliche Museen«, kurz: ZAM, vereint. Am 30. Juni aber schließt es für immer seine Pforten. Der Grund: »Wir bekommen keinen Zuschuss von der Stadt«, wie ZAM-Chefin Astrid Flatau beklagt.

Vor zwölf Jahren hatte der Jurist Manfred Klauda das Museen-Zentrum gegründet – auf eigene Kosten, ohne jede Unterstützung. »Das war sein Baby. Er hat die Werke auf Auktionen zusammen getragen, er wollte immer außergewöhnlichere Dinge zeigen«, erzählt seine Tochter Astrid Flatau. Vor fünf Jahren aber kam Klauda bei einem Verkehrsunfall ums Leben.

Seine Frau und seine Kinder versuchten fortan, das Museum weiter zu führen. »Aber wir schaffen das nicht«, sagt die Tochter. »Wir Erben sind alle berufstätig, und haben einfach nicht den Elan und den Idealismus, mit dem mein Vater das Museum leitete.« Für zusätzliches Personal fehle das nötige Kleingeld, zumal das ZAM keinen Gewinn einbringe. Die Stadt München sei auch auf mehrfache Anfrage nicht bereit gewesen, die Sammlung finanziell zu fördern: »Der Bedarf an einem solchen Museum sei nicht da«, hieß es aus dem Rathaus. Daher werden und wurden Einzelteile aus dem ZAM weg gegeben: Die Tretauto-Sammlung beispielsweise wurde bereits komplett unter den Hammer gebracht; einige Besucher konnten schon Nachttöpfe und weitere Einzelteile kaufen. Wertvolle Erinnerungsstücke aber bleiben vorerst in Familienbesitz.

Die Kaiserin Sissi-Ausstellung aber, das Herzstück des Hauses, ist weiterhin für die Öffentlichkeit bestimmt: Zumindest auf Wanderausstellungen sind künftig die täuschend echte Wachsfigur der Monarchin zu besichtigen, ebenso ihr Hermelin-Cape und das Bett, in dem sie im ungarischen Schloss Gödöllö schlief, sowie hunderte weitere Erinnerungsstücke.

Was allerdings mit der Schutzengel-Sammlung passiert, die laut Flatau »umfangreichste Sammlung über christliche Volksfrömmigkeit«, oder mit den über 2.000 Osterhasen – das steht noch in den Sternen. Fest steht dagegen, dass die Stadt München mit der Schließung des ZAMs um eine Attraktion ärmer ist.

Wer noch einen letzten Blick auf die gesammelten Außergewöhnlichkeiten werfen will, hat noch bis 30. Juni täglich von 10 bis 18 Uhr Gelegenheit dazu. Nadine Nöhmaier

Artikel vom 23.06.2005
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...