Ingo Appelt seinem Credo nur in einem Punkt gerecht

Garching · »Dumm aber gut drauf«

Gesichtsausdruck 1 und 2 – mehr nicht. Auch handwerklich konnte Possenreißer Ingo Appelt beim KuDo im Bürgerhaus Garching nicht überzeugen. Fotos: gf

Gesichtsausdruck 1 und 2 – mehr nicht. Auch handwerklich konnte Possenreißer Ingo Appelt beim KuDo im Bürgerhaus Garching nicht überzeugen. Fotos: gf

Garching · Viel Sinnhaftes hatte er nicht im Gepäck, aber ein blindes Huhn findet schließlich auch mal ein Korn: »Jetzt mal ehrlich, wozu brauchen wir eigentlich noch Superstars?«, fragte Ingo Appelt gleich zu Beginn seines Soloprogramms »Superstar« beim letzten vhs-Kulturdonnerstag der Saison im Garchinger Bürgerhaus. Und die Frage lag wie Blei im Raum.

Wer erwartet hatte, Appelt würde den verkorksten Einstieg irgendwann retten können, wurde enttäuscht. Statt dessen bot der TV-Comedian über rund zwei Stunden pubertäre Witzchen aus der untersten Schublade, gepaart mit einer unterkühlten Distanz zum Publikum.

Dabei hatte Appelt selbst allein in Hälfte eins rund ein Dutzend Mal erkannt: »Ich merke schon, ihr findet das nicht witzig.« Polen-Witze über den verstorbenen Papst Johannes Paul II., Frotzeleien über Taub-Stumme beim Grand-Prix und Liebeslieder an das eigene Gemächt – das fanden die wenigsten lustig.

Appelts Programm »Superstar« stammt aus dem Jahr 2002 und hätte dringend eine Entrümpelung nötig, denn Mitte 2005 den rund fünf Millionen Arbeitslosen kollektive Faulheit zu unterstellen ist alles andere als zeitgemäß. Auch an Küblböcks Gurkenlaster-Unfall will sich eigentlich niemand mehr erinnern und Bundeskanzler Schröder für die bevorstehende Bundestagswahl in Anspielung auf die Oder-Flut 2002 einen Tsunami über Deutschland zu wünschen... Appelt redete sich um Kopf und Kragen.

Dabei wussten die Garchinger freilich, dass ihr aktueller Star-Gast ein dreister werden würde. Bereits die Bühnenanweisungen zeugten von einem Hang zur Dekadenz (Die Garderobe musste für Appelt eigens mit einer Wohnzimmereinrichtung ausgestattet werden) und die fernsehkulissentaugliche Leuchtschrift »Superstar« blinkte beim Betreten des Bürgerhauses entgegen, als wollte sie sagen »Hauptsache, die Kulisse stimmt«.

Bei so viel Pomp, Glamour und flachem Witz hätten die Garchinger zumindest handwerkliche Comedy noch ertragen können – doch auch hier Fehlanzeige. Mit genau zwei Gesichtsausdrücken hangelte sich Appelt durch die Gags, bei den Liedern verstand man kaum ein Wort (bis auf »Ode ans Gemächt«) und Spontaneität ist ein Fremdwort, das sich mit Appelts Credo (»Dumm aber gut drauf«) schlicht nicht vereinbaren lässt.

So schmuddelte sich der selbsternannte »Superstar« in Hälfte zwei bereits nur noch vor halbem Publikum durchs fade Programm. Der allgemeine Tenor im Foyer zur Pause verriet: Nichteinmal zum echten Aufreger wollte es der Amateur-Provokateur an diesem Abend bringen. Indes stellte Appelt eindrucksvoll unter Beweis: Superstars braucht wirklich keiner – auch keine selbst ernannten. G. Feind

Artikel vom 07.06.2005
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