600 Kinder besuchen Vorlesungen an der TU München – ganz freiwillig

Schwabing · »Pipi im See ist nicht gut«

Große Augen und viele Fragen bei der KinderUni, die derzeit an der TU München läuft. Foto: TUM

Große Augen und viele Fragen bei der KinderUni, die derzeit an der TU München läuft. Foto: TUM

Schwabing · So ein Bild sieht man nicht oft an der TU München: Bereits eine halbe Stunde vor Vorlesungsbeginn stand am vergangenen Freitag eine laute Menschentraube vor der Tür des Hörsaals 1200. »Normale« Studenten würden die Uni nie früher als nötig betreten. Diese Studenten aber konnten den Vorlesungsbeginn kaum abwarten.

Es waren 600 Schüler im Alter von acht bis zwölf Jahren, die an der »KinderUni« teilnehmen, die in diesem Semester erstmals an der Technischen Universität abgehalten wird. Das Vortragsthema lautete dieses Mal »Rädertierchen, Armleuchteralgen und Co. – Wer lebt in unseren Seen?«, Fachgebiet Limnologie. Limnologie?

Professor Arnulf Melzer erklärt: »Das ist ein Fach, unter dem sich Kinder etwas vorstellen können. Es geht um die Biologie der Gewässer. Was lebt in unseren Gewässern? Wer frisst wen? Wie kann man unsere Gewässer schützen?«

Melzer ist Fachmann auf diesem Gebiet. Und er ist nervös: »Wenn ich meine 50 Studenten vor mir habe, dann sind die mucksmäuschenstill, weil sie ja zuhören müssen. Wenn sie unruhig werden, kann ich ihnen im Hinblick auf die Prüfungen immer ein bisschen Angst machen. Das wird hier nicht funktionieren.«

Es sollte auch gar nicht nötig sein. Nachdem die Kinder den Hörsaal gestürmt hatten, zog sie der Professor mit Videofilmen von Tauchgängen in den Bann, mit Trickanimationen zu fleischfressenden Pflanzen, mit Assistenten im Taucheranzug und mit lebenden Wasserkrebsen, die er per Mikroskop und Beamer an die Leinwand des Hörsaals projizierte. Der Lohn: Konzentrierte Kinder, weit aufgerissene Münder und Augen und unzählige »Ooohs« und »Aaahs«.

Josef Hiltl, der im Vorraum auf das Ende der Vorlesung seines achtjährigen Sohnes warten muss, freut sich riesig, dass jener hier sein kann: Der Kleine sei »ein Naturbursche« und somit bestens bei diesem Thema aufgehoben. Anja Wagner, eine Mutter, sieht noch einen weiteren Vorteil: »Für die schwachen Kinder wird in der Schule viel getan; die guten Kinder aber müssen sehen, wo sie bleiben. Hier können sie sich weiter beschäftigen. Begabte Schüler müssen mit Wissen gefüttert werden.« Nach einer Stunde ist die Vorlesung vorbei, die Nachwuchs-Studenten applaudieren ausdauernd.

Melzer lacht, er hat es geschafft, »600 Schulkinder zu bändigen«. Die Kinder verlassen den Hörsaal und erzählen den Eltern ganz aufgeregt, was sie gelernt haben. Wie die neunjährige Martha: »Der Professor hat gesagt, dass es nicht gut ist, wenn ich im See Pipi mache, weil der See sonst gedüngt wird und das ist nicht gut. Ich geh jetzt immer raus zum Pipi machen. Ich will ja auch nicht, dass der Professor in meinem Pipi schwimmen muss. Der war so nett.«

Am Freitag, 10. Juni, findet die nächste Vorlesung der KinderUni statt: 17 Uhr, TU-Hörsaal 1200. Der Eintritt ist frei. Das Thema: »Warum sind Dagobert Duck und Daniel Düsentrieb gemeinsam stärker?«

Artikel vom 18.05.2005
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...