Bürgermeisterin Gertraud Burkert will die Stadtteilpolitik einschränken

Au-Haidhausen · Mitsprache unerwünscht

Bebauung und Umplanungen von Flächen im Stadtteil (hier der »Block 49« in Haidhausen) ist eines der Themen, wo der BA mitreden möchte.Foto: Archiv

Bebauung und Umplanungen von Flächen im Stadtteil (hier der »Block 49« in Haidhausen) ist eines der Themen, wo der BA mitreden möchte.Foto: Archiv

Au-Haidhausen/Berg am Laim/Ramersdorf · Eigentlich ist es eine alte Geschichte, es geht um Einfluss und um Eitelkeit. Die einen wollen mehr Macht, die anderen wollen ihre Mitsprache nicht aufgeben. Münchens zweite Bürgermeisterin Gertraud Burkert (SPD) möchte die Bezirksausschüsse (BA) bei »stadtviertelübergreifenden Themen« künftig erst nach einem Richtungsentscheid des Stadtrates anhören.

Hintergrund seien »Abstimmungsprobleme mit dem BA« in einem verkehrsplanerischen Thema im letzten Jahr, so Walter Stoiber vom Direktorium der Stadt München. Bis Anfang Juni sollen die Stadtteilpolitiker nun auf Burkerts Vorschlag antworten.

»Das ist kein besonders intelligenter Vorschlag«, sagt Josef Koch (SPD), Vorsitzender des Bezirksausschusses (BA) Berg am Laim. »Sobald der Stadtrat einen Richtungsentscheid gefällt hat, ist die Sache doch erledigt. Was sollen wir dann noch dazu sagen?« Dabei sei das Stadtteilgremium näher am Bürger dran, und sollte daher auch von Anfang an mitreden dürfen. »Scheinbar hat der Stadtrat Angst, dass wir ihm was wegnehmen«, glaubt Koch.

Auch Klaus Bode (SPD), Vorsitzender des BA Ramersdorf, ist überzeugt, dass der Stadtrat nach einem Richtungsentscheid eine vorgefasste Meinung hat: »Wir hätten es noch schwerer als bisher, Einfluss zu nehmen.«

Im Moment ist es vor allem die Aufgabe des BA, stadtteilbezogene Anliegen der Bürgerinnen und Bürger durchzusetzen. In den Bezirksausschüssen kann auch im Einzelfall entschieden werden, wie Straßen, Plätze, Fußgängerbereiche, öffentliche Grünflächen oder Spiel- und Sportplätze gestaltet werden sollen und wo Erholungsflächen und Freizeitzentren sowie Sozial- und Kultureinrichtungen im Stadtviertel fehlen. Die Bezirksausschüsse sind auch zuständig für die Benennung von Straßen und Plätzen im Stadtbezirk, soweit damit keine persönlichen Ehrungen verbunden sind.

Die »Stadtteil-Parlamente« prüfen, wo Wochenmärkte eingerichtet oder umgestaltet werden sollen, wo Litfaßsäulen und andere Werbeanlagen errichtet werden können. Auch die stadtviertelbezogene Planung von Fuß- und Radwegen wurde auf die Bezirksausschüsse übertragen. Neben Kultur fördern und pflegen die Bezirksausschüsse die Stadtteilgeschichte und entscheiden über die erstmalige Gewährung von Zuschüssen für Vereine und soziale Initiativen im Stadtviertel.

Die Entscheidungskompetenz der Bezirksausschüsse umfaßt auch Projektaufträge bei städtischen Hoch- und Tiefbaumaßnahmen mit einer Bausumme zwischen einer und fünf Millionen Mark. Vor genau 60 Jahren wurde das Stadtteilgremium von den Amerikanern in München eingeführt und vom Stadtrat 1945 beschlossen. Neben »Entnazifizierung« sollten den Bürgern im Rahmen der »Re-Education« auch demokratische Strukturen in Politik und Verwaltung vermittelt werden.

Erst 1995 wurden mit dem erfolgreichen Volksentscheid »Mehr Demokratie in Bayern: Bürgerentscheide in Gemeinden und Kreisen« auch die Entscheidungsrechte der Bezirksausschüsse gestärkt. Seitdem werden dessen Mitglieder auch direkt gewählt. Davor hatte das Gremium nur eine beratende Funktion. Führt der Weg jetzt womöglich dorthin zurück?

Artikel vom 17.05.2005
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