Albrecht Ackerland über Radlstraßen

„Da schau her“

Dass die Grünen jetzt nach und nach die halbe Stadt den Radlern übergeben wollen, das finde ich einen Schritt – nein!, einen Tritt! - in die richtige Richtung. Fahrradstraße ist das große Schlagwort. Dort sollen die Radler Vorrecht haben, dürfen nebeneinander fahren.

Den Autos bleibt dann der zweite Gang. Das alles finde ich nicht nur gut, weil ich Radler bin, sondern auch, weil ich gerne ein Radler trinke. Noch lieber aber einen Russen, aber das alles gehört ja jetzt nicht hier her. Allerdings ist mir das alles noch nicht weit genug gedacht.

Das Grundübel im Verkehr ist doch, dass die eine Art von Teilnehmern die andere nicht mag. Das gilt auch immer nur für die jeweils aktuelle Situation. Ich – wie Sie sicher auch – bin, je nach Situation Fußgänger, Radler, Autofahrer. Oder Taxi-Kunde. Als Taxi-Kunde regen einen grundsätzlich alle anderen Verkehrsteilnehmer auf. Weil im Taxi hat man es grundsätzlich immer eilig. Pech hat man, wenn einen sein Taxifahrer gleich auch noch aufregt, weil sein fahrerisches Können nicht dem entspricht, wie es sich für einen Taxifahrer gehört: relativ rücksichtslos, offensiv, schnell, gewitzt. Der Kunde ist schließlich König und muss von A nach B. Und das ohne Ä.

Nun aber zum Punkt: Wenn ich zu Fuß unterwegs bin, kann ich es manchmal kaum glauben, wie schnell Radfahrer sein können und wie rücksichtslos den Fußgängern gegenüber. An der Ludwig- und Leopoldstraße etwa traue ich mich ja fast nicht mehr, den Gehsteig zu benutzen, weil die Radler ihren Radweg nebenan mit einer Startbahn verwechseln, so hochgeschwindig geht es da zu. Autofahrer dagegen sind – Sie kennen es – sowieso der natürliche Feind des Fußgängers. Wenn ich Rad fahre, kann ich meistens nicht genug schimpfen über dahinkriechende Fußgänger, die alles blockieren und einfach nicht verstehen können, dass die ursprüngliche Fortbewegung des Menschen mittels Rad funktioniert. Autofahrer dagegen sind – Sie kennen es – sowieso der natürliche Feind des Radlers.

Wenn ich Auto fahre, will ich nicht bei jedem Abbiegen ängstlich den Radweg im Visier haben, damit ich nicht versehentlich einen dieser verbreiteten Radl-Rowdies mitnehme. Und Fußgänger? Ein einziges Ärgernis, bedeuten sie doch für den sich modern fortbewegenden Menschen: warten, warten, warten.

Mein Vorschlag also: Jeder Tag wird einer Art zugeordnet. So kann ich an einem Tag mit gleich zehn Spezln nebenher radeln, am nächsten Tag endlich einmal auf der Kaufingerstraße Gas geben und mit Siebzig durchrauschen und schließlich am dritten Tag Picknick im Petueltunnel machen. Klingt nach dem ersten Schritt zum Weltfrieden, nicht? Oder Tritt?

Artikel vom 12.05.2005
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