Leipzig ärgert sich über Halbfinal-Niederlage gegen München

"What a Scheiß hier!"

Kaum ein Durchkommen, so eng standen beide Teams. Foto: Stephan Pfeifer

Kaum ein Durchkommen, so eng standen beide Teams. Foto: Stephan Pfeifer

„Es lässt sich gut an!“ Münchens Bürgermeisterin Gertraud Burkert brachte es am Dienstag in der Münchner Eishalle auf den Punkt. Der EHC München hat sein erstes Play-Off-Halbfinalspiel gegen die Blue Lions Leipzig mit 3:1 gewonnen.

Jetzt fehlen den Münchnern nur noch zwei Siege, bevor der ersehnte Bundesliga-Aufstieg sicher ist. Doch auch wenn das Ergebnis anderes vermuten lässt, es war eine enge Kiste. Zwar konnte sich München über die ganze Partie betrachtet etwas mehr Anteile und Torchancen erspielen, doch Leipzig erwies sich für den EHC als extrem schwer zu spielender Gegner. Über weite Strecken des Spiels neutralisierten sich die beiden Mannschaften schon im Mittelfeld und im Zweifel waren die hervorragend aufgelegten Torhüter beider Mannschaften zu Stelle. Dass München das Spiel doch noch für sich entscheiden konnte, lag zum einen an der Nervenstärke des Teams – die Entscheidung fiel erst im letzten Drittel. Und an der Dummheit einiger Leipziger Spieler, die immer wieder durch Provokationen auffielen und so manches Mal in die Kühlbox mussten. Doch von Anfang an: Schon nach 7:39 Minuten erzielte EHC-Oldie Alexander Wedl aus relativ spitzem Winkel von der blauen Linie cool und locker das 1:0 für die Münchner. Ein Tor, das Selbstvertrauen gab. Plötzlich flog der Puck immer wieder wie von selbst in Richtung Leipziger Tor. Nur die ausgezeichneten Reaktionen des sächsischen Schlussmannes verhinderten in diesen ersten Minuten eine höhere EHC-Führung. Bis zur elften Minute dauerte dieser formidable Sturmlauf des EHC, der dann jäh vom Leipziger Stümerstar John Spoltore unterbrochen wurde: Völlig frustiert klatschte er EHC-Bärli Pete Brearley ein paar nicht sehr freundschaftliche Knuffe an die Schulter. Bei der darauf folgenden kleineren Rangelei beteiligten sich plötzlich fast alle Leipziger Spieler. Mehr als eine Minute lang konnten die Schiedsrichter die Situation nicht in den Griff bekommen. Irgendwann waren rund zehn Leipziger auf dem Eis, die sich vor allem sehr zum Amusement der Fans und des Leipziger Trainers Frank Gentges mit Brearley und Newhook in den Haaren lagen. Obwohl die zwei Münchner sich davon nicht wirklich provozieren ließen, mussten auch sie die nächsten Minuten auf der Strafbank schmoren. „Danach haben wir ein wenig den Faden verloren“, meinte EHC-Manager Christian Winkler im Anschluss an das Spiel. Dafür waren die Leipziger Spieler jetzt wach. Fast logisch, dass ihnen wenige Minuten später auch der Ausgleich gelang und der Münchner Goalie Joey Vollmer jetzt ein ums andere Mal geprüft wurde. Auch Gentges, der blond gelockte Leipziger Trainer lief in diesen Minuten zur Hochform auf: Mit hochrotem Kopf und pulsierender Halsschlagagder stand der Mann im schwarzen Anzug auf der Spielerbank und ruderte wild mit den Armen. In einem unnachahmlichen Denglisch-Kauderwelsch beschwor er seine Spieler: „Auf geht's, guys. Die haben die Hosen voll!“; beschimpfte den Gegner „Dieser blöde kleine Giftzwerg!“; und auch München: „What a Scheiß hier!“ Und Gentges hörte nicht mehr auf. Sein Brüllen begleitete das restliche Spiel. Er brüllte, als sich im zweiten Drittel beide Mannschaften neutralisierten, brüllte, als einer seiner Spieler zu langsam zur Bank zurückkam, brüllte beim 2:1 des EHC durch Mario Jann, der einen Puck unhaltbar durch die Schoner des Leipziger Keepers geschoben hatte, schrie weiter, als sein Spieler Pete Gardiner den Münchner Gustafson von hinten umsäbelte. Und war plötzlich still, als Gardiner den am Boden liegenden Gustafson noch seinen Stock in den Rücken rammte um sich anschließend noch mit Burman anzulegen. Gentges war also still und Gardiner musste vom Eis. Als Brearley zwei Minuten später das 3:1 gelang, war er aber wieder - na klar - am Brüllen. Auch nach dem Spiel bewies der Leipziger Coach, dass er durchaus redegewandt ist: Seine Spieler lobte er, aber nicht zu sehr, die Gegner lobte er, sogar überschwänglich, Gardiner kritisierte er, nicht zu knapp: „Das wird morgen angesprochen. Und da wird noch etwas nachkommen für ihn. So etwas sehe ich als Trainer nicht gerne.“ Und zur Leipziger Finanzsituation - der Verein hat am Dienstag Konkurs angemeldet, die Zukunft ist ungewiss - fiel auch noch etwas ein: „Meine Schuld ist das nicht. Ich habe meinen Etat sogar unterschritten. Es liegt vieles im argen, die Spieler haben länger schon kein Geld gesehen, aber damit sollte ein Profi umgehen können. Um die Probleme müssen sich andere in Leipzig jetzt kümmern.“ Am Freitag folgt in Leipzig der zweite Streich. Wenn der EHC auch dieses Spiel gewinnen sollte, könnte am Sonntag ab 15 Uhr in der heimischen Eishalle dann schon der Aufstieg gefeiert werden. Filippo Cataldo

Artikel vom 07.04.2005
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