In den Garchinger U-Bahnhof werden drei weitere Durchgänge gesprengt

Garching · Die machen den Weg frei

Tunnelblick: Noch fahren die Handwerker mit dem Auto durch die Röhre.

Tunnelblick: Noch fahren die Handwerker mit dem Auto durch die Röhre.

Garching · »Das ist so ähnlich, als würde man eine Tür einbauen wollen.« Logisch erschließt sich selbst dem Laien die Erklärung vom zweiten U-Bahn-Bauleiter in Garching, Thomas Rauchbach. Denn wo eine Tür rein soll, muss vorher ein Loch sein. »Nur ist das bei einem U-Bahnhof halt etwas anders«, ergänzt Rauchbach.

Nicht mit Hammer und Meißel rücken die Bauleute von der Alfred Kunz Untertagebau GmbH den gesetzten Bohrpfählern zu Leibe. Mit Plastiksprengstoff werden die Durchgangsportale vom U-Bahn-Tunnel zur Oberfläche freigemacht. Am vergangenen Montag, 21. März, begannen die Sprengarbeiten für das Ost-Gebäude des neuen U-Bahnhofs in der Garchinger Innenstadt. Wenn alles nach Plan läuft, dann sind die Sprengungen bis 8. April abgeschlossen.

»Bisher sieht’s alles ganz gut aus«, stellt Rauchbach fest. Der Baurückstand, der sich in den kalten Wintermonaten angesammelt habe, versuchen die Arbeiter wieder aufzuholen. Trotzdem ist Sprengmeister Eduard Reisch im Stress. Mit rund 60 Bohrlöchern je Wand, die jeweils mit etwa 500 Gramm von dem Sprengstoff Eurodyn 225 gefüllt sind, rückt er den 25 Meter langen Betonpfeilern in 18 Metern Tiefe zu Leibe. Nach zwei Wochen sollen die drei Portale für die Ostseite des Bahnhofs geschlagen sein.

Mit einem Affenzahn düst der kleine VW Golf durch die Tunnelröhren des U-Bahnanschlusses Garching Mitte. An Bord ist Thomas Rauchbach, zweiter Bauleiter, unterwegs ans Ostende des neuen Bahnhofs. Noch einen letzten Blick auf die Bohrpfahlwand werfen, bevor das gute Stück in kleine Betonschnipsel zerbröselt.

Um die Baugrube zum U-Bahnhof auszuheben seien rund um das unterirdische Gebäude Bohrpfähle in den Boden eingelassen worden. Jeweils ein Betonpfahl neben einem Stahlbetonpfahl. »Die bewehrten und unbewehrten Pfeiler sind ineinander verzahnt und verhindern beim Aushub, dass das Erdreich am Rand zusammenfällt«, erklärt Rauchbach den Nutzen der Pfeiler entlang der Bahnhofssilhouette. Im nächsten Bauschritt sind kleine Teile der Betonummantellung jedoch im Weg. »Dort wo die Fahrgäste später zwischen den beiden Tunnelröhren pendeln und an die Oberfläche gelangen können sollen, müssen die Wände natürlich entfernt werden.« Als ob man eine Tür einbauen würde.

Am Westende des Bahnhofs sei dieser Bauabschnitt bereits vollzogen. Noch gut zu erkennen am Treppaufgang: Die runden und halbrunden Bohrpfähle mit ihren Stahlfüllungen an den Rändern der beiden Durchgangsportale. Mit einer diamantbesetzten Seilsäge wird zunächst die Öffnungsfläche vom restlichen Skelett abgetrennt. »Das verhindert, dass sich die Vibrationen von der Sprengung über den Boden verbreiten.«

In unmittelbarer Nähe zur Detonation ist trotzdem ein kleines Beben unter den Füßen zu spüren. Viel auffälliger ist dagegen der Knall – ein mächtiger Rumms gefolgt von einem tiefen Grollen. Die Polizei sperrt vorsichtshalber für ein paar Minuten den Verkehr. »Nicht das vor Schreck noch jemand einen Unfall baut.«

Ansonsten sei die Sprengung die eher harmlose Variante, die Betonportale freizuschlagen. »Alternative wäre ein Meißelbagger gewesen«, runzelt Rauchbach die Stirn. Ähnlich der Hammer- und Meißel-Methode wäre das Vorgehen zwar kostengünstiger gewesen, »aber das hätte wochenlange Lärmbelästigung für die Anwohner bedeutet. Der baggert nämlich von früh bis spät durch.«

Dank Sprengmeister Reisch rumpelt’s nur einmal. Dabei sind die einzelnen Ladungen im Zeitabstand von 0,25 Sekunden aufeinander abgestimmt und sprengen den Beton von innen nach außen. Die einzelnen Bohrpfähle stürzen in sich zusammen.

Im Anschluss an den Knall, und wenn sich der lungenschädigende Rauch aus den Schächten verzogen hat, sind die Arbeiter erst einmal damit beschäftigt, den angefallenen Schutt rauszukarren. Auf diese Weise finden zwei bis drei Sprengungen pro Tag statt.

Die Detonantion vom Montag riss die halbe Wand ein. »Wie schon gesagt: Wir sind ganz gut im Zeitplan«, sprachs und düst wieder hinunter in den U-Bahntunnel mit dem Golf um nachzusehen, ob auch alles nach Plan verlaufen ist. Gerald Feind

Artikel vom 22.03.2005
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