Wildgewordenes Wetter: Aufgrund der globalen Erwärmung steigen die Temperaturen auf mediterrane Werte. Gleichzeitig wächst die Hochwassergefahr

München wird Mittelmeermetropole

Dass München als nördlichste Stadt Italiens gilt, ist bekannt. Doch in naher Zukunft könnte sich das Klima in der Landeshauptstadt so sehr verändern, dass tatsächlich das ganze Jahr mediterrane Verhältnisse herrschen: Eine Klimastudie des bayerischen Umweltministeriums prophezeit dem Freistaat bis zum Jahr 2050 heißere Sommer und mildere Winter – aber auch eine erhöhte Überschwemmungsgefahr.

Die Studie mit dem Titel „Der Klimawandel in Bayern für den Zeitraum 2021-2050“ sagt voraus, dass es deutlich wärmer wird im Freistaat: Im Sommer steigt die Durchschnittstemperatur in Bayern um 1,4 Grad, im Winter sogar um ganze 2 Grad Celsius. „Die Voraussage ist nicht überraschend, beunruhigend ist sie aber auf jeden Fall“, findet Rudolf Nützel, Geschäftsführer des Bund Naturschutz (BUND).

Die globale Erwärmung macht sich also auch in München bemerkbar. Dennoch mag Roland Eichhorn, Sprecher des bayerischen Umweltministeriums, noch keine Schreckensszenarien an die Wand malen: „Die Entwicklung hat Licht und Schatten“, aber alles in allem sei sie für Bayern sogar eher positiv.

Den „Day after Tomorrow“ wird es in München so bald nicht geben. Stattdessen heißt es: Mehr Sommer für alle – das klingt in der Tat verlockend. Die Zahl der Sommertage mit mehr als 25 Grad Celsius steigt um über 50 Prozent. Richtig heiß wird es in Zukunft sogar doppelt so oft als bisher. Im nahe gelegenen Weihenstephan bei Freising beispielsweise wird das Quecksilber künftig elf- statt fünfmal pro Jahr über die 30-Grad-Grenze klettern. Es ist daher gut möglich, dass die Jahrhunderthitze 2003 im nachhinein als ganz normaler Sommer in Erinnerung bleibt.

Neben Sonnenanbetern und Biergartenbetreibern sind die Landwirte die großen Gewinner der Klimaveränderungen: Sie können künftig nach den Angaben des Ministeriums länger anbauen. Der Grund: Die frostsichere Zeit wird sich um rund zwei Wochen verlängern.

Doch nicht nur die Vorzüge des Jahrhundertsommers 2003 dürften zum Dauerzustand werden, auch mit den Nachteilen wird noch häufiger zu kämpfen sein: Vertrocknende Pflanzen, von Borkenkäfern befallene Bäume, erhöhte Waldbrandgefahr – das alles treibt Nützel Sorgenfalten ins Gesicht.

Auch Skihasen sind Verlierer des Klimawandels: Auf der Zugspitze wird die Schneegrenze sinken, außerdem werden nur noch an 190 statt derzeit 210 Tagen Temperaturen unter dem Gefrierpunkt erreicht. Die Schneekanonen, mit denen Schneemangel momentan noch ausgeglichen werden kann, drohen deshalb unrentabel zu werden – vor allem im Sudelfeld und Spitzinggebiet, den Münchner Hausbergen.

Ganz allgemein wird es im Winter künftig weniger Schnee und dafür mehr Regen geben. Der Vorteil hierbei: Die regnerischen Wintermonate werden dafür sorgen, dass das Trinkwasser trotz Trockenheit im Sommer nicht zur Neige geht.

Das Problem an dieser Entwicklung: Weil es im Freistaat künftig mehr Niederschläge gibt, steigt auch die Überschwemmungsgefahr. Der bayerische Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) hat darauf bereits reagiert und stellt 15 Prozent mehr Finanzmittel für Hochwasserschutzmaßnahmen zur Verfügung. Kann es also passieren, dass München dank der Isar bald unter Wasser steht? Zumindest dort sieht BUND-Mann Nützel keine große Gefahr: „Dafür liefert die Studie keine Anhaltspunkte.“ Dennoch möchte man für den potenziellen Ernstfall gewappnet sein – die Renaturierungsmaßnahmen an der Isar sind auch für den Bund Naturschutz ein Schritt in die richtige Richtung.

Gefährlich sind Überschwemmungen vor allem bei kleinen Bächen, die zu gewaltigen Fluten anschwellen können, wenn viel Regen und Tauwetter zusammenkommen. So starben 2002 in Schwabmünchen zwei Menschen, als sie in einer Tiefgarage von einer Überschwemmung überrascht wurden. Was Nützel Verdruss bereitet, ist die ausgeprägte Bauwut in München und Umgebung: Täglich würden 1.500 Quadratmeter Fläche versiegelt, so dass das Regenwasser dort nicht mehr versickern kann. Unverständlich ist für ihn vor allem die fortdauernde Versiegelung von Gewerbeflächen, „und das, obwohl wir in München Rekordleerstände haben“. Der BUND fordert daher, dass bei jeder entsprechenden Baumaßnahme neue Versickerungsflächen geschaffen werden – bislang vergeblich.

Die Flutgefahr ist jedoch nicht nur ein Thema der Zukunft, sie ist hochaktuell: Der Deutsche Wetterdienst warnte erst vor wenigen Tagen, dass sich die Anwohner von Bayerns Flüssen auf Hochwasser einstellen müssten. Weil sich in den vergangenen Wochen riesige Schneemengen angesammelt haben, könnte es nun, da es wieder wärmer wird, zu größeren Schmelzwasserfluten kommen - sofern das Tauwetter mit Niederschlägen verbunden ist: „Es wäre katastrophal, wenn jetzt Warmluft und Regen gleichzeitig eintreten würden“, meint Volker Wünsche, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst. Momentan gebe es hierfür jedoch noch keine Anzeichen – genaue Vorhersagen sind allerdings höchstens eine Woche im Voraus möglich.

Ministeriumssprecher Eichhorn beschwichtigt trotz der Prognosen der Klimastudie: Kleinere Überschwemmungen seien zu Frühjahresbeginn nichts Unübliches. Größere Hochwasser ereigneten sich nur bei ebenso rasanten und starken Temperaturumstürzen – was man allerdings jetzt noch nicht realistisch abschätzen könne: „Wenn es auf normale Weise wärmer wird, bleibt alles im Rahmen.“ Und die Sommer werden länger, bis aus München Monaco wird. Von Martin Hoffmann

Energiespartipps...

... damit es uns nicht zu warm wird

Globale Erwärmung hat auch etwas mit hohem Energieverbrauch zu tun. Denn je mehr Auto sie fahren und je mehr Strom sie verbrauchen, desto mehr Diesel und Benzin muss in Motoren und Kraftwerken verbrannt werden. Die Abgase steigen in die Atmosphäre und tragen dazu bei, dass die Hitze unserer Erde zunehmend nicht mehr in den Weltraum entweichen kann. Also kann man mit ein wenig Köpfchen in Sachen Energieverbrauch auch in München dazu beitragen, dass das Wetter stabil bleibt – auch wenn der Effekt niemals messbar sein wird.

  • Beim Kauf eines Elektrogerätes sollten Sie sich immer auch nach dem Energieverbrauch des Gerätes erkundigen, um so schon vorher unwirtschaftliche Geräte zu erkennen. Besonders bei Kühlgeräten ist es sinnvoll, sich an einige Regeln zu halten, da sie ein Fünftel des Strombedarfs schlucken. Stellen Sie Kühlschränke nicht neben Heizquellen, lassen Sie Speisen abkühlen, bevor Sie sie in den Schrank geben und halten Sie Ordnung im Kühlschrank, um langes Suchen bei offener Tür zu vermeiden.
  • Beim Kochen sollten Sie stets alle Töpfe mit Deckeln versehen, um unnötiges Austreten von Wärme zu vermeiden, beim Backen kann man außerdem meistens auf das Vorheizen verzichten.
  • Waschmaschinen immer ganz voll machen, um den Wasserverbrauch niedrig zu halten und Trockner am besten nur im Winter verwenden, im Sommer die Wäsche im Freien trocknen. Bei normal verschmutzter Wäsche reicht es zudem aus, sie mit 60° zu reinigen, das spart etwa 30 Prozent Energie gegenüber den Waschprogrammen mit 95°.
  • Kompaktleuchtstofflampen benötigen 80 Prozent weniger Strom als übliche Glühlampen und halten wesentlich länger – auch wenn sie teurer sind.
  • Schalten Sie alle Elektrogeräte nach der Verwendung ganz aus, lassen Sie die Geräte nicht im Stand-By-Betrieb weiterlaufen. Auch das „rote Lämpchen“ kostet viel Strom! jal

Artikel vom 10.03.2005
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