Mittlerer Ring platzt aus allen Nähten – jetzt soll LKW-Maut auch für den Ring her

München - Immer Ärger auf dem Ring

Vom Aufstellen allein hat der Staat noch nicht viel. Damit das Mautgeld in die Kasse kommt, müssen die Brummies dann noch zahlen. Im Raum München gehen abertausende Euro durch die Umfahrung über den Ring verloren.	Foto: Toll-Collect

Vom Aufstellen allein hat der Staat noch nicht viel. Damit das Mautgeld in die Kasse kommt, müssen die Brummies dann noch zahlen. Im Raum München gehen abertausende Euro durch die Umfahrung über den Ring verloren. Foto: Toll-Collect

Schleichweg für Mautpreller, Spitzenreiter bei der Feinstaubbelastung und dazu noch Großbaustelle: Der Mittlere Ring ist Münchens Hauptverkehrsader, aber auch das große Sorgenkind der Landeshauptstadt. Eine besonders innige Beziehung haben die Anwohner des Mittleren Rings noch nie zu den Lastern auf ihrer Straße gepflegt.

Seitdem jedoch die LKW-Maut auf Autobahnen nach jahrelangem Hin- und Her nun endlich recht erfolgreich gestartet ist, werden die Klagen der Ringbewohner noch lauter. Der Grund: Immer mehr Brummifahrer nutzen den Ring, um die Autobahngebühr zu umgehen. Belastbare Zahlen gibt es zwar noch keine, Umweltreferent Joachim Lorenz meinte jedoch im Gespräch mit dem „Samstags Blatt“, dass „laut subjektiven Einschätzungen das LKW-Aufkommen am Ring um etwa 10 Prozent gestiegen ist.“

Die Folgen: Mehr Stau, mehr Lärm und mehr Abgase. Besonders alarmierend: An der Landshuter Allee wird derzeit der bundesweit höchste Ausstoß an Feinstaub gemessen. Die Staubpartikel, die vor allem von Dieselmotoren ohne Rußfilter ausgeschieden werden, landen direkt in der Lunge und erhöhen somit das Risiko, an Krebs und Herzkreislaufleiden zu erkranken.

An der Landshuter Allee wurde 2005 bereits 16 Mal der seit Jahresbeginn geltende Grenzwert von 50 Mikrogramm pro Kubikzentimeter überschritten. Laut Verordnung des Bundesumweltministeriums, welche wiederum auf einer entsprechenden EU-Richtlinie basiert, darf dies höchstens 35 Mal pro Jahr passieren – illusorisch, dass diese Vorgabe an der Landshuter Allee eingehalten wird.

Was allerdings die Konsequenz sein wird, wenn die Hürde erwartungsgemäß gerissen wird, steht noch in den Sternen: Nach Angaben von Jens Mühlhaus, dem Verkehrsexperten der grünen Stadtratsfraktion, müsste die Straße dann eigentlich gesperrt werden – was jedoch widersinnig wäre, da die Fahrzeuge dann über die Wohngebiete umgeleitet werden müssten. Für Mühlhaus ist eines klar: „Die LKWs müssen runter vom Ring!“

Münchens Umweltreferent Joachim Lorenz fordert daher von der oberbayerischen Bezirksregierung eine Reihe von Sofortmaßnahmen: Besonders dringend müsse der überörtliche LKW-Verkehr nach Südeuropa vom Mittleren Ring herunter. Außerdem sollen emissionsarme Fahrzeuge durch bestimmte Regelungen gefördert werden: „Denkbar sind hier etwa günstigere Park- und Liefermöglichkeiten“. Auch so genannte „Umweltzonen“, also Straßenabschnitte, die nur von Fahrzeugen, die eine bestimmte Abgasnorm erfüllen, befahren werden dürfen, seien als Abhilfe im Gespräch.

Mühlhaus favorisiert allerdings weiterhin die City-Maut, also die generelle Maut für alle Fahrzeuge, die innerhalb des Mittleren Rings verkehren – auch weil dadurch weitere Maßnahmen zur Abgasminderung finanziert werden könnten. Der Stadtrat ist zuversichtlich, dass die Maut wieder auf die politische Agenda kommt, sobald die Landshuter Allee den Feinstaubgrenzwert zum 35. Mal überspringt – was nach Mühlhaus’ Einschätzung spätestens im Mai passieren wird. Umweltreferent Lorenz ist da allerdings skeptischer: „Für die City-Maut fehlt die rechtliche Grundlage seitens der Bundesgesetzgebung – und ich bezweifle, dass diese in naher Zukunft geschaffen wird.“

Was jedoch bereits jetzt im Bereich des Möglichen liegt, ist die Ausweitung der Autobahnmaut für LKWs auf den Mittleren Ring: Hierzu müsste die Stadt dem Bund nachweisen, dass der Ring als bevorzugte Ausweichstrecke für Mautpreller dient. Auch Oberbürgermeister Christian Ude möchte sich für die Mautausweitung für LKWs auf den Mittleren Ring einsetzen. Allerdings: Das mautpflichtige Streckennetz wird frühestens im kommenden Jahr erweitert – somit wird sich München noch eine Weile mit den Mautflüchtlingen herumschlagen müssen.

Seit vergangener Woche ist die Verkehrssituation am Mittleren Ring noch problematischer geworden: Am Dienstag fiel der Startschuss für Bauarbeiten am Brudermühltunnel. Das gesamte Sicherheitssystem des Tunnels muss saniert werden. Hierzu muss der Nachtverkehr zwischen 23 und 6 Uhr zeitweise über die Oberfläche umgeleitet werden – eine zusätzliche Lärmbelästigung für die Anwohner ist unvermeidlich. Die Arbeiten an Brudermühltunnel und –brücke sollen bis Juli über die Bühne gebracht sein.

Im März beginnt dann das nächste Großbauprojekt am Ring: Der Candidtunnel wird aufgerüstet, gleichzeitig wird die Candidhochbrücke saniert. Dazu werden Candidstraße und Brudermühlbrücke neu geteert. Bis zum Dezember bleibt der Mittlere Ring eine Baustelle – ein Sorgenkind wird er auch danach noch sein. Von Martin Hoffmann

Artikel vom 17.02.2005
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