Landtagspräsident Alois Glück im Gespräch

Zwischen Politik und Fußball

Geburtstagswunsch: „Mehr Aufgaben!“ Der Landtagspräsident Alois Glück im Gespräch mit SamstagsBlatt-Redakteur Gerald Feind. 	Foto: Kronthaler

Geburtstagswunsch: „Mehr Aufgaben!“ Der Landtagspräsident Alois Glück im Gespräch mit SamstagsBlatt-Redakteur Gerald Feind. Foto: Kronthaler

Wenn andere an Ruhestand denken, stellt sich Alois Glück, Präsident des Bayerischen Landtags, zu seinem bevorstehenden 65. Geburtstag neuen Aufgaben. „Mein Wunsch ist eigentlich nichts besonderes“, gibt sich der Jubilar, der am kommenden Montag Geburtstag feiert, bescheiden gegenüber dem SamstagsBlatt.

„Ich möchte weiter interessante Aufgabenfelder haben, mich persönlich weiterentwickeln können“, steht auf Glücks Wunschzettel ganz oben – und getreu seiner Maxime „Leben ist lernen, Leben ist Veränderung“ wird er sich diesen Wunsch wohl mit ungebrochenem Tatendrang und viel Ehrgeiz selbst erfüllen.

Obwohl am Rentenalter angekommen, zeigte sich Glück im Interview vor Energie strotzend. Keine Spur Müdigkeit oder gar Behäbigkeit. Und der immer noch in Deutschland vorherrschenden Maxime des Zweckpessimismus setzt Glück gnadenlose Power entgegen: „Man muss immer für Neues offen sein“, so seine Forderung – Reformen nicht ausgeschlossen.

Glück ist eben Optimist und empfiehlt diese Maxime auch den Menschen in Bayern und Deutschland. „Die Deutschen brauchen wieder mehr Selbstvertrauen!“ Beispielhaft könnte hierbei die Nachkriegsgeneration sein, aus der sich auch der Jubilar zielstrebig vom Landwirt zum Spitzenpolitiker im Landttag hochgearbeitet hat. Mut zu Visionen brauche es, nur so erschlösse sich ein neuer Aufbruch, der dem internationalen Vergleich standhalten könne.

„Die Deutschen können so was, mit großer Anstrengung etwas bewegen.“ Genauso wie? „Wie bei der Fußball-Nationalmannschaft“, ringt Glück nach einem passenden Vergleich. Von Bundestrainer Jürgen Klinsmanns „neuen“ Trainingsansätzen könnten durchaus Impulse für Wirtschaft und Gemeinwesen ausgehen. „Vom vorsichtig abwartenden Spiel hin zum mutigen Vorwärtsspiel, das ist der richtige Weg.“

Auch für die WM? „Fußball ist eigentlich keine besondere Leidenschaft von mir.“ Wahrhaft leidenschaftlich wirkt Glück dagegen, erzählt er von den Aufbrüchen und Initiativen, die die vielen ehrenamtlich Engagierten in Bayern an den Tag legten. „Das Ehrenamt ist entscheidend für unsere Lebensqualität – überlegen Sie mal, wie das Leben in Ihrem Umfeld aussähe ohne Vereine, Freiwillige Feuerwehr, Wasserwacht und den vielen anderen Engagierten.“

Trotzdem stellt der Landtagspräsident auch hier einen Wandel fest – Hoffnungsvoll und trotzdem mit Skepsis.

„Ich spüre viel neuen Aufbruch in den ehrenamtlichen Engagements. Die Unterstützung solcher Initiativen ist für mich so wichtig, weil sie für ein stabiles Gemeinwesen sorgen.“ Als forscher Streiter tritt der Landtagspräsident hier auf. Und obwohl er sich stets dazu bekennt, neue Formen des sozialen und gemeinen Engagements zu unterstützen – in Kommunalpolitik wie im Ehrenamt – tritt Glück auch dafür ein, Traditionen zu wahren, wo es nur geht. Ein schwieriger Spagat, der notwendig sei „um vorauszudenken, bevor das freiwillige Engagement wegbricht.“

Mit einer seiner vielen Anekdoten aus dem „Privatleben des Landtagspräsidenten“ erläutert Glück seinen Standpunkt: ”Ich traf einmal zufällig im Flugzeug einen Wissenschaftler, der wohl ein Spezialist auf dem Gebiet der Gewalt- und Kriminalitätsforschung war. Der hat mir erzählt, dass er in einer Studie festgestellt hat, dass gerade in Ballungszentren, wo die Menschen nur wenig Kontakt zueinander pflegen, stärkere Tendenzen zu Radikalität und Kriminalität festzustellen sind. Der soziale Kontakt ist also wichtig, um Orientierung und Selbstkontrolle zu fördern und zu erhalten.“

Gerade in Zeiten der Integrationsdebatten ein wichtiger Bestandteil der Gesellschaft. „Trotzdem sind hier leider Regeln notwendig geworden.“ Integration sei ein schwieriger Langzeitprozess, der durch gesetzliche Reglementierung lediglich in gewisse Bahnen gelenkt werden könne, stellt sich Glück zum Teil hinter die Politik der Landesregierung.

„Offen für Annäherung und Diskussion müssen jedoch beide Seiten sein.“ Bisher seien die Bemühungen um Integration ausländischer Mitbürger „sehr einseitig gewesen“. Viele Ausländer hätten sich der Herausforderung einfach nicht gestellt, „so entsteht Ghetto-Mentalität“. Dabei böten gerade Sportvereine, nach seinen Erlebnissen, eine hervorragende Plattform den Langzeitprozess zu unterstützen.

Da lehnt sich der Landtagspräsident nach einigen fordernden Gesten zurück und schwingt den rechten Ellenbogen fast schon lässig über die Sitzlehne als wollte er sagen „es gibt immer eine Lösung“. Und ein leichtes Schmunzeln verrät: Der Optimist tritt wieder auf den Plan. „Ich wünsche mir ein reges Interesse der Menschen, dass es gelingt, den allgemeinen Pessimismus zu überwinden, einen mentalen Umschwung herbeizuführen und die Chancen zu sehen – dann packen wir den Aufschwung!“

Von Gerald Feind

Artikel vom 20.01.2005
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