Vermisster Rollstuhlfahrer wieder aufgetaucht

Auf den Spuren des »Gump«

München/Plattling · Als es Tom Hanks in dem Kinodrama »Forrest Gump« zuviel wurde, da rannte er einfach los. Auf ganz ähnliche Weise wollte nun Bernd Zötzl, ehemaliger Kraftfahrer aus München, seinem Alltag entfliehen.

Trotzdem staunten die Beamten nicht schlecht, als sie den seit knapp einem Monat als vermisst gemeldeten Münchner schließlich in Plattling, Landkreis Landau, wiederfanden. »Ich suche eine neue Herausforderung«, sagte der 45-jährige Rollstuhlfahrer am Mittwoch, 12. Januar, der Polizei. Eine Sinnsuche, die sogar die Mordkommission München in Atem hielt und Suchaktionen auslöste, die nach Polizeiangaben mehrere 10.000 Euro kosteten.

Der schließlich gefundene Sozialhilfeempfänger erzählte der Polizei nun, er sei von seinem dreiwöchigen Urlaub in Spanien zwar zunächst ganz normal zurückgekehrt, anschließend habe er jedoch – ohne jemandem davon zu erzählen – beschlossen der Landeshauptstadt für immer den Rücken zu kehren und machte sich spontan auf den Weg.

Seine Gründe für die Weiterreise ließ der 45-Jährige jedoch weiter im Dunkeln. »Ich will die Isar entlang fahren, bis zu ihrer Mündung«, erklärte er statt dessen den Polizisten, die ihn aufgriffen.

Auf die Spur des Ausreißers kam zunächst ein Jäger. Der entdeckte den Rollstuhlfahrer am 10. Januar auf seinem morgendlichen Streifzug durchs Revier und kam mit ihm ins Gespräch. Von der Geschichte des Münchners beeindruckt, erzählte der Jäger einem befreundeten Reporter von seiner Begegnung. Schließlich landete ein Foto mit Bernd Zötzl in der Plattlinger Tageszeitung.

Als ein Beamter des Bundesgrenzschutzes den Bericht las traute er seinen Augen kaum. Schließlich glaubte man bei der Polizei in bezug auf den Vermissten bereits an ein Verbrechen – die Mordkommission ermittelte nachdem auf Zötzls Bankkonto dubiose Abhebungsversuche festgestellt wurden, großangelegte Suchaktionen beschäftigten gleich eine Vielzahl an Einsatzkräften. Und nun vom »mutmaßlichen Mordopfer« plötzlich ein Foto in der Zeitung; putzmunter, reiselustig und gesprächsfreudig.

Nach kurzer Rücksprache mit der Münchner Kriminalpolizei rückte eine Streife aus, den Rollstuhlfahrer zu finden. Da die Beamten den 45-Jährigen in einem geistig und körperlich guten Zustand antrafen verzichteten sie auf weitere Maßnahmen und ließen den Reisenden weiterziehen auf seinem Weg Richtung Deggendorf, wo die Isar in die Donau mündet.

Die Suche wurde sofort eingestellt – vorerst, denn vielleicht macht er sich von dort ja auf zum Schwarzen Meer in das die Donau mündet; vielleicht wieder ohne irgendjemandem etwas davon zu erzählen. Auf jeden Fall hat Bernd »Forrest« Zötzl eine weitere Geschichte zu erzählen. Gerald Feind

Artikel vom 19.01.2005
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...