Walter Wettstein, ein unermüdlicher Kämpfer für die Umwelt aus Freimann

Wissen als einzige Waffe

»Ich war kein Liebling der Stadträte«: Darum wurde Walter Wettstein (r.) vor kurzem auch mit der »München leuchtet«-Medaille ausgezeichnet. Überreicht durch Bürgermeister Hep Monatzeder.	Foto: Kessele-Schwarz

»Ich war kein Liebling der Stadträte«: Darum wurde Walter Wettstein (r.) vor kurzem auch mit der »München leuchtet«-Medaille ausgezeichnet. Überreicht durch Bürgermeister Hep Monatzeder. Foto: Kessele-Schwarz

Freimann · »80 Prozent Kritik und 20 Prozent Lob – mich überrascht es, dass es für so jemanden überhaupt eine Auszeichnung gibt.« Walter Wettstein, seit kurzem Träger der »München leuchtet«-Medaille in Bronze, übt sich mit seinen 81 Jahren in Bescheidenheit.

Das war nicht immer so. Mit seinem Beitritt bei der Aktionsgemeinschaft »Rettet den Münchner Norden« 1987 nahm sich der damalige Vorruheständler nicht zurück. Zu sehr sei ihm seine Wahlheimat im Norden der Hauptstadt, in seinem Haus in Freimann, ans Herz gewachsen. Zu sehr habe die Umwelt in der Region gelitten. »Freimann war durch die Mülldeponie ziemlich stark mit Dioxin verseucht.«

Als schließlich die Klärschlammverbrennungsanlage Gut Großlappen ohne Dioxinfiltersystem geplant worden war, wusste Wettstein dass es an der Zeit sei, aktiv zu werden. »Ich habe gekämpft für ein moderneres Abgasverfahren. Bei einer öffentlichen Anhörung zum Planungsverfahren in Ismaning am 25. Oktober 1993 war ich der einzige, der sich den sechs Experten stellte«, berichtet Wettstein, der eigentlich aus Karlsruhe stammt. 42 Mal habe er das Mikrofon in die Hand genommen. 42 Mal habe er die Aussagen und Meinungen der »Experten« versucht zu widerlegen, zu ergänzen, neue Akzente gesetzt. »So kamen die langsam ins Zweifeln.«

Schließlich wurden doch die geforderten Filteranlagen eingebaut. Was damals manchem Planer schwer im Magen gelegen haben mag, markiert rückblickend eine entscheidende Wende in der Abfallentsorgungspolitik Münchens. »Wettstein hat in den 80er Jahren dazu beigetragen, den Prozess des Umdenkens in der Abfallpolitik zu einer Müllvermeidung und -verwertung zu fördern«, begründete Münchens Bürgermeister Hep Monatzeder die späte Ehrung. Dabei habe Wettstein stets die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung gesucht, »einen aggressiven Rundumschlag gab es nie.«

Darauf ist auch der Geehrte selbst stolz, auch wenn er rückblickend über sich selbst sagt »kein Lieblingskind der Stadträte« gewesen zu sein. »Ich hab mich deswegen mit Wissen bewaffnet.« Nahezu sämtliche Fachliteratur zu Dioxin-Verseuchung fände sich in seinem Arsenal. In Expertengesprächen und Interviews mit Wissenschaftlern holte er sich neue Munition: »Wenn man sich erst einmal für die Umwelt engagiert, kommt man nicht mehr so leicht raus.« Wie ein Sog sei das damals gekommen, »mit jeder Aktion wurde ich wacher und ehrgeiziger.« Zu viel Schindluder sei in der Vergangenheit mit Mutter Natur gerade im Münchner Norden getrieben worden. »Noch heute schlummert hier so mancher Umweltskandal«, mahnt der gelernte Feinmechaniker-Meister weiter. »Heute spricht man mehr über den Umweltschutz als noch vor 20 Jahren. Aber wir sind noch lange nicht dort, wo wir sein müssten.« Sein Wunsch sei es daher, »dass uns nicht Katastrophen zum Handeln zwingen, sondern Umweltengagement die Katastrophe verhindert«.

Kommenden Sonntag, 16. Januar, wird Wettstein ein weiteres Mal geehrt werden. Beim Neujahrsfestakt in der Mohr-Villa um 11.30 Uhr, wollen sich die Stadtteilbewohner persönlich bei ihrem Kämpfer für die Umwelt bedanken. Gerald Feind

Artikel vom 11.01.2005
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