Fremdenverkehrsamt stellt offizielles Münchner Monatsprogramm ein – und übergibt es ohne Ausschreibung an einen privaten Unternehmer

„Unter der Hand vergeben“

50 Jahre lang eine verlässliche Quelle für städtische Termine. Jetzt wurde das offizielle Münchner Monatsprogramm unter der Hand abgegeben, anstatt es eigenverantwortlich zu modernisieren. 	Repro: SaBla

50 Jahre lang eine verlässliche Quelle für städtische Termine. Jetzt wurde das offizielle Münchner Monatsprogramm unter der Hand abgegeben, anstatt es eigenverantwortlich zu modernisieren. Repro: SaBla

München – Seit 1952 gibt es das „Offizielle Münchner Monatsprogramm“, nun läuft die eingeführte und weithin bekannte Marke nach einer fragwürdigen Vergabe in privater Verantwortung weiter.

Das Fremdenverkehrsamt München, das bisher die Verantwortung für das Heft inne hatte, stellt die Produktion mit der Dezemberausgabe ein und übergibt die Rechte an den Münchner „Dreistern-Verlag“. Das teilte der Referent des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit der Stadt, Reinhard Wieczorek, am vergangenen Dienstag auf einer Sitzung das Ausschusses für Arbeit und Wirtschaft mit.

Wieczorek zufolge, sei die Herausgabe des Monatsheftes für die Stadt wirtschaftlich nicht mehr tragbar gewesen. Als Hauptgrund nannte er den Zuwachs von anderen Magazinen mit eigenen Veranstaltungshinweisen sowie die Tageszeitungen und das Internet, die diesen Markt immer stärker erschlossen haben.

„Alle diese alternativen Angebote haben dazu beigetragen, dass die Verkaufszahlen des Monatsprogramms immer mehr zurückgegangen sind.“ Er versicherte dabei, dass die Einstellung keine Arbeitsplätze kosten werde und die von der Maßnahme betroffenen Mitarbeiter in anderen Bereichen des Fremdenverkehrsamtes untergebracht würden.

Trotz der überarbeitungsbedürftigen Gestaltung verkauft die Stadt jedoch immer noch durchschnittlich 28.000 Exemplare pro Monat und liegt damit etwa gleichauf mit dem „GO“-Magazin. Für das Wirtschaftsreferat angeblich trotzdem eine Rechnung, die nicht aufgeht: „Die Einnahmen des Fremdenverkehrsamtes aus dem Verkauf im Groß- und Einzelhandel und im Abonnement sind zurückgegangen.“

Aus diesem Grund habe sich die Stadt dazu entschlossen, das Heft an den Münchner „Dreistern-Verlag“ zu übergeben – eine Entscheidung, die die Kommunalpolitiker erst spät erreichte und in der Ausschusssitzung am vergangenen Dienstag für Verwunderung sorgte. So war in der Sitzungsvorlage nicht erwähnt, dass das Heft privatisiert werden soll - die Stadträte mussten dies erst schriftlich erfragen.

Bereits seit September jedoch existieren Verträge zwischen Fremdenverkehrsamt und dem „Dreistern-Verlag“, wie Wieczorek in der Sitzung eingestehen musste. Dort ist unter anderem eine Mindestabnahme durch die Stadt festgeschrieben, zudem verpflichtet sich das Fremdenverkehrsamt selbst keine entsprechende Publikation mehr herauszugeben.

Die CSU-Fraktion ist entsprechend verwundert, dass die Vergabe nicht im Rahmen üblicher Ausschreibungen erfolgt ist. „Tatsache ist, dass die das unter der Hand an den Dreistern-Verlag weiter gegeben haben“, kritisierte Stadtrat Helmut Pfundstein – ein Punkt, den auch Wieczorek im Verlauf der hitzigen Debatte einräumen musste. Sein SPD-Kollege Nikolaus Gradl bezeichnete dieses Vorgehen ebenfalls als „sehr problematisch“. Er verwies jedoch auf Informationen der Stadtverwaltung, denen zufolge allem Anschein nach keine Ausschreibungspflicht vorliegt.

Die Rechtsabteilung prüfe das Verfahren derzeit. Andere Zeitschriften, etwa das Münchner Kulturmagazin „Applaus“, bestätigten, dass die Stadt mit einem Übernahmeangebot des Gelben Heftes nicht an sie herangetreten sei. Entsprechendes wurde jedoch in der Ausschusssitzung mitgeteilt – etwa nur zur Beruhigung der erregten Gemüter?

Der „Dreistern-Verlag“ selbst kann die Aufregung um die Auftragsformalitäten nicht nachvollziehen. Geschäftsführer Josef Bauer verwies darauf, dass sein Unternehmen seit über 30 Jahren das Anzeigengeschäft des Gelben Heftes betreibt. „Es gäbe keinen besseren Verlag als den Dreistern-Verlag“, behauptet Bauer, der sich jedoch nicht gegen Mitinteressenten beweisen musste. Dass er sich den Titel „Offizielles Monatsprogramm“ vorsorglich schützen ließ, hält er für eine wirtschaftlich notwendige Maßnahme. Schließlich habe er als privater Unternehmer das volle Risiko der Übernahme zu tragen.

Für Stadtrat Pfundstein ein weiterer Punkt, der „mehr als verwunderlich ist“, denn der Titelschutz wurde den Stadträten in der Sitzung nicht mitgeteilt. Seine Fraktion werde der Sache weiter nachgehen und warte gespannt auf die Beantwortung offener Fragen. Rafael Sala

Artikel vom 09.12.2004
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...