Der S-Bahnhof Fasanerie verkommt – und niemand fühlt sich zuständig

Herrenloser Bahnhof

Wie der Buchbinder Wanninger wird Alois Hofmann von einer Instanz zur nächsten geschickt. Mit der Zeit fühlt er sich für dumm verkauft – und das kann der streitbare Fasanerie-Bewohner gar nicht leiden.	Foto: cr

Wie der Buchbinder Wanninger wird Alois Hofmann von einer Instanz zur nächsten geschickt. Mit der Zeit fühlt er sich für dumm verkauft – und das kann der streitbare Fasanerie-Bewohner gar nicht leiden. Foto: cr

Fasanerie · Wer die Geschichte vom Buchbinder Wanninger für eine Satire hält, der hat sich noch nicht mit dem S-Bahnhof Fasanerie beschäftigt. Selbiger hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem unansehnlichen Schandfleck entwickelt. Bei der Suche nach dem Verantwortlichen lässt sich aber keiner finden.

Diese Erfahrung musste Alois Hofmann aus der Fasanerie in den vergangenen Monaten machen. Er setzt sich für eine Renovierung des Haltepunkts ein und dabei lässt der (im besten Sinne) bayerische Dickschädel nichts unversucht. »Bei der Bürgerversammlung muss ich mich vom Oberbürgermeister dumm anreden lassen, um was sich die Stadt denn noch alles kümmern soll«, grummelt Hofmann.

Verantwortlich sei die Deutsche Bahn. Punkt. Die eigentlich nicht zuständige Regierung von Oberbayern dagegen verweist als in Verkehrsfragen zuständige Aufsichtsbehörde auf die Bayerische Eisenbahngesellschaft. Die fühlt sich bei Grundstücks- und Bahnhofsfragen sowie deren Unterhalt nicht für zuständig. Vielmehr sei die DB Station& Service AG der richtige Ansprechpartner. Diese Tochterfirma der Deutschen Bahn ist für die Bahnhöfe und deren Einrichtungen verantwortlich.

Hofmann weiß, dass er bereits hier an einem etwas schwierigen Punkt angelangt ist. In den vergangenen 20 Jahren hat die Deutsche (Bundes-)Bahn nichts für den S-Bahnhof getan. Also wendet er sich an den bayerischen Verkehrsminister Otto Wiesheu, den er von früher her noch persönlich kennt. Doch auch hier wird Hofmann an die Deutsche Bahn verwiesen. Diese wiederum schickt ihn zur Aurelis Real Estate GmbH.

Die Eschborner Immobilien-Management-Firma zuckt nur mit den Achseln: »Das Grundstück gehört uns nicht und hat es auch nie.« Susanne Heck von Aurelis: »Die Fläche gehört definitiv der Vivico Real Estate.« Deren Sprecher Wilhelm Brandt in Frankfurt erklärt dagegen: »Da gehörte uns nur ein Grünstreifen und den haben wir verkauft.« Und dann hat er den schlauen Hinweis parat: »Fragen Sie doch mal beim Grundbuchamt nach!« Als ob Hofmann diese Idee nicht auch schon gehabt hätte. Im zuständigen Amtsgericht hält man sich aber an die Paragraphen: »Ich kann Ihnen keine Auskunft geben, da bei Ihnen kein berechtigtes Interesse besteht. Anfragen sind außerdem schriftlich mit der Nummer des Flurstücks an die Amtsleitung zu richten« heißt es da. Fazit: »Keiner ist zuständig.« Und genau hier ist der Punkt erreicht, an dem der gemütliche Alois Hofmann auch mal sauer wird.

Von der Deutschen Bahn abgesehen, hält jeder die Deutsche Bahn für zuständig. Die verweist jedoch weiter hartnäckig auf die Aurelis Real Estate GmbH.

In seiner Ausweglosigkeit hat sich Hofmann inzwischen an den Landtagsabgeordneten Joachim Unterländer (CSU) gewandt. Der hält sich nicht lange mit Eigentümerfragen auf: »Mir sind die Zuständigkeiten mittlerweile egal – eine Lösung muss her«, poltert der sonst so ruhige Politiker. Dafür fordert er einen »Runden Tisch S-Bahnhof Fasanerie«, der von der DB Station&Service AG organisiert werden soll. »In einer ersten Stufe sollen die Außenfassaden der Gebäude erneuert und Toilettenanlagen zur Verfügung gestellt werden«, lautet der Ausgangspunkt der Verhandlungen für Unterländer und zeigt sich optimistisch: »Mit gutem Willen ist auch eine kostengünstige Lösung möglich«. Sobald man weiß, wer da überhaupt sanieren darf. Carsten Clever-Rott

Artikel vom 09.11.2004
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