Servicewüste Post?

Der Service kommt vom Automaten, der Kunde kommt zum Briefkasten – wenn die Post ihn nicht im letzten Jahr unerwartet abgebaut hat. Fotos: cr

Schwabing · »Ich geh’ noch schnell zur Post.« Dieser Satz wirkt schon fast wie ein Relikt aus alten Tagen. Denn »mal schnell zur Post« ist gar nicht so einfach, wenn die nächstliegende Filiale dichtgemacht hat.

Auch der Weg zum nächsten Briefkasten ist länger geworden, seit im letzten Jahr quasi über Nacht und ohne Ankündigung allein in München zahlreiche Briefkästen abgebaut wurden. Wie viele es waren, sagt die Post nicht. »Diese Zahl kommunizieren wir nicht«, lautet die lapidare Antwort von Gert Hilger, Sprecher der Deutschen Post.

Das alles sind Maßnahmen, um – natürlich – Kosten zu sparen. Dass das letztlich auf Kosten der Allgemeinheit geschieht, nimmt die Post sozusagen als Kollateralschaden in Kauf, ebenso die zum Teil lautstarken Proteste, die zwar registriert werden, aber den Gelben Riesen nicht von seinem zielstrebigen Weg zum Global Player abbringen lassen. Arbeitsplätze gehen verloren und Versorgungslücken entstehen. Denn die Post hat keine Konkurrenz, dafür aber ein lukratives Briefmonopol. Anstatt den Markt zu liberalisieren, damit vernachlässigte Kunden die Möglichkeit haben, einen anderen Dienstleister zu beauftragen, wird die Monopolstellung noch bis 2007 Bestand haben. Bis dahin hat die Post ihren Jahrzehnte langen, strukturellen Vorsprung gefestigt, Konkurrenten werden es sehr schwer haben.

Leicht macht es der Post dagegen die Regulierungsbehörde. »Wir erfüllen die gesetzlichen Vorgaben, übertreffen sie teilweise«, erklärt Hilger und verweist stolz darauf, dass seit 1990 bundesweit 100.000 Arbeitsplätze »sozialverträglich« abgebaut worden seien.

Weniger sozialverträglich ist der Kundenservice. »Vor nicht allzu langer Zeit haben wir die Post aufgefordert, uns alle abzubauenden Briefkästen zu nennen«, berichtet Heinz Heckmann, Seniorenbeauftragter des Bezirks Schwabing-West. »daraufhin sollten wir der Post mitteilen, wo weitere Kästen notwendig wären. Seitdem haben wir nichts mehr von der Post gehört.«

Werner Lederer-Piloty, Vorsitzender des Bezirksausschusses Schwabing-Freimann kann ebenfalls nur kopfschütteln: »In der Mainerstraße ist ein Briefkasten entfernt worden, der häufiger als andere geleert wurde. Das verstehe ich überhaupt nicht.« Und so plant und bastelt die Post an einer erfolgreichen Zukunft – unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Artikel vom 03.06.2004
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