Der TSV 1860 kämpft heute um den Abstieg

Kehren die Löwen heim?

Die wahre Münchner Fußballkulisse: Das „Sechzger“ in Giesing. Foto: Jochen Mahr

Die wahre Münchner Fußballkulisse: Das „Sechzger“ in Giesing. Foto: Jochen Mahr

Schade wäre es schon, wenn die Löwen heute abstiegen. Doch trotz allem Optimismus wird die Rettung sehr schwierig: 1860 müsste in Gladbach natürlich gewinnen, Kaiserslautern müsste verlieren und Frankfurt dürfte höchstens unentschieden spielen.

Das Drama nahm schon letzten Samstag seinen endgültigen Lauf, als Francis Kioyo den für die Löwen überlebenswichtigen Elfmeter verschoss. Noch am späten Abend wurde in der ganzen Stadt über das Debakel des Traditionsvereins gesprochen, gejammert und getrauert.

Manche aber jubelten, so auch Axel Dubelowski. Er jubelte nicht etwa, weil er ein Gegner der Sechzger ist, im Gegenteil: Dubelowski ist vielen nur als der „Löwenbomber“ bekannt, in einem Stadtmagazin schrieb er früher seine legendären „Sechzig Zeilen“, eine Kolumne, die mittlerweile als Tagebuch im Internet Fortsetzung findet. „Löwenbomber“ ist eingefleischter 1860-Fan, vielen Jüngeren ist er zudem bekannt als Türsteher der Diskothek „Atomic Café“. Auch sonst treibt sich der „Bomber“ gerne in der Szene herum. So auch am frühen Sonntag Morgen, als er vor einem anderen Münchner Innenstadt-Club steht, der schicksalhafterweise „Erste Liga“ heißt: „Find ich super, wenn die jetzt absteigen!“, posaunt er in die Gruppe der Herumstehenden. „Dann spielen wir endlich wieder im Sechzger!“

Dubelowski trifft den Nerv vieler Anhänger. Schon vor Jahren, als der Verein aus Platzgründen ins Olympiastadion umsiedelte, regte sich bei den Fans Unmut. Bald wurde sogar ein Verein gegründet, der sich „Freunde des Sechzger-Stadions e.V.“ nennt. Seit Jahren bemüht sich dieser um eine Rückkehr auf den Giesinger Berg, jetzt ist seine Stunde gekommen: „Wir richten unser Sechzger-Stadion her!“ heißt die Parole. Denn: So ohne weiteres lässt sich nicht in die marode Schüssel an der Grünwalder Straße zurückkehren. Das Stadion muss strenge Sicherheits-Auflagen erfüllen, Bauschäden müssten beseitigt werden – schlicht zweitligatauglich werden, bevor die Löwen wieder in Giesing brüllen können.

Bis vor kurzem sah es ohnehin nicht nach einer Rückkehr aus. Zum einen besteht ein Vertrag mit der Olympiapark GmbH und deren Stadion. Der ließe sich zwar lösen, doch das ist in jedem Fall mit einer Ausgleichs-zahlung von mehreren Hunderttausend Euro verbunden. Zum anderen stellte sich das Rathaus quer. Das Sechzger-Stadion ist im Besitz der Stadt, und die kann und will nicht mit finanziellen Mitteln für eine Instandsetzung aufkommen. Daran wird sich auch künftig nichts ändern, doch OB Christian Ude brachte vergangenen Montag Bewegung in den Wunsch des Vereins und seiner Fans. OB Ude erklärte: „Es entstand gelegentlich der Eindruck, der Rückkehr stehe ein kaltherziges Nein der Stadt entgegen, sonst nichts. In Wahrheit ist es umgekehrt: Der Verein, der diese Lösung anstrebt, muss viele Hürden überwinden, aber kein städtisches Nein.“

Klar ist aber, der eventuelle Aufenthalt im „Sechzger“ würde definitiv nur ein Jahr dauern. Wenn in der übernächsten Spielzeit die Allianz-Arena fertig gestellt ist, werden die Löwen nach Fröttmaning umziehen. Egal, in welcher Liga sie dann spielen.

Von offizieller Seite des Vereins ist zum Thema „Umzug für ein Jahr“ wenig zu erfahren: noch sei man nicht abgestiegen. Zwar gäbe es Planungen für einen Umzug ins Giesinger Stadion im Falle eines Abstieges, aber verlauten lassen möchte man noch nichts. Am gestrigen Freitag sollte immerhin eine erste Begehung mit Vertretern der Sicherheitsbehörden und dem Ligaverband stattfinden.

Die „Freunde des Sechzger-Stadion“ sind nicht so zaghaft und blasen schon jetzt zum Sturm. Roman Beer, der Vorsitzende der „Freunde“ bietet tatkräftige Hilfe an: „Die Fans sind bereit, für eine Rückkehr in die Giesinger Kultstätte etwas zu tun. Nun liegt es an 1860 und der Stadt, dieses Angebot zu nutzen und bei der Umsetzung der Aktion mitzuhelfen.“ Unter den Fans wird ein Spendenaufruf stattfinden, viele organisierte Anhänger bieten Mithilfe bei der Sanierung und schließlich sei man auch mit einem höheren Eintrittspreis einverstanden, also ein „Sanierungs-Zuschlag“ bei allen 1860-Heimspielen. Auch sonst scheint wieder Leben in den zuletzt so trägen Verein zu kommen. Alte Spieler bekennen sich wieder mit voller Seele zu 1860. Nein, vollkommen untergehen dürfen sie nicht, die Löwen!

Allen voran der umjubelte Trainer Gerald Vaneburg. Noch vor kurzem stand die 2. Liga für ihn nicht zur Debatte. In der letzten Woche wendete sich das Blatt: Ja, er könne sich vorstellen zu bleiben, doch nicht ohne Bedingungen. Ned Zelic und Miroslav Stevic, wie Vanenburg Ex-Spieler bei den Löwen, sollen zurückkommen. Und auch einer der gefeiertesten Ex-Spieler der letzten Jahre soll wieder nach München zurück: Thomas Häßler. Ihn will Vanenburg zusammen mit Bernhard Winkler oder Olaf Bodden - auch zwei Löwen-Legenden - zum Stürmertrainer machen.

Denn: Ziel ist der sofortige Wiederaufstieg. Ist der nicht nötig, weil die Löwen heute doch nicht absteigen, weiß Trainer Vannenburg trotzdem, wie es nächste Saison aussieht: „Wir werden sowieso nächstes Jahr Meister - ob in der ersten oder der zweiten Liga!“

Von Albrecht Ackerland

Artikel vom 20.05.2004
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