Johannespassion als Ballett

Passions-Tanz

Bachs Johannespassion als Ballett.	Foto:  Veranstalter

Bachs Johannespassion als Ballett. Foto: Veranstalter

Schwabing · Ein Mann wird ans Kreuz geschlagen – und soll tanzen? Das Leiden Christi als Ballett? – Das Tanzforum München zeigt eine ungewöhnliche Umsetzung der Passionsgeschichte.

Johann Sebastian Bach schrieb eines seiner schönsten Oratorien nach dem Johannes-Evangelium. Choreograph Eckhard Paesler setzt Bachs Werk, sich ganz einer volkstümlichen Tradition des Osterspiels bewusst, in ein Handlungsballett um.

Zehn Tänzerinnen und Tänzer spüren dem Geschehen um die Verurteilung, Hinrichtung und Auferstehung des Jesus von Nazareth in einer emotionsgeladenen Choreographie nach. Die spannende Bebilderung des Passionsgeschehens folgt eng dem Oratoriumstext und erzählt in einer allgemein verständlichen Bewegungssprache eine Geschichte, die auch 2004 unmittelbar berührt: Opportunisten gehen, einem Herdentrieb folgend, stets den einfachsten Weg. Und manchmal scheint es unmöglich, durch das Hurra-Geschrei der Massen die eigene Stimme zu hören.

Wie schwer es ist, sich treu zu bleiben, nicht zu verzweifeln über die Verbortheit der Welt, davon berichtet Jesus Geschichte. Aber auch in Petrus vermag sich ein heutiges Publikum wiederzuerkennen. Er zeigt, wie schwach man oft ist, wenn es heißt, Farbe zu bekennen, wenn innere Überzeugung gegen Mitläufertum ankämpfen muss, wenn auf einmal Zivilcourage gefordert ist. Dass es notwendig sein kann, sich von alten Überzeugungen zu trennen, dass es vor allen Dingen immer auch einen Weg dorthin gibt, und dass man so mitunter nicht nur sich selbst, sondern die gesamte Menschheit einen wenn auch winzigen Schritt weiterbringen kann, lässt sich aus der Episode vom bekehrten Soldaten erkennen.

Wenn Maria unter der Last des Leichnams ihres Sohnes beinahe zusammenbricht, ist sie alles andere als eine lichtdurchwirkte Strahlen-Madonna. Vielmehr nimmt in ihr die zermürbende Trauer und die tiefe Verzweiflung all derer Gestalt an, die durch die Selbstbesessenheit und Ignoranz der Machhabenden ihrer nächsten Mitmenschen beraubt wurden. Von ihnen gibt es auch heute eine unüberschaubare Zahl. Das Ballett ist am Sonntag, 28. März, um 20 Uhr, in der Kirche St. Ursula am Kaiserplatz zu erleben.

Artikel vom 25.03.2004
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