Karl-Heinz Wildmoser sen. in Stadelheim

Bestechungsskandal um die Allianz-Arena

Sitzt seit Dienstag in Stadelheim: Karl-Heinz Wildmoser sen.

Sitzt seit Dienstag in Stadelheim: Karl-Heinz Wildmoser sen.

Am Dienstag ließ die Staatsanwaltschaft München die Bombe platzen: Löwen-Präsident Karl-Heinz Wildmoser sen. und sein Sohn Karl-Heinz Wildmoser jun. wurden am gleichen Vormittag verhaftet. Ihnen wird Bestechlichkeit und Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue vorgeworfen. Während der Löwen-Boss die Nacht von Dienstag auf Mittwoch bereits in Stadelheim verbrachte, wurde sein Sohn noch verhört. Wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr könnten die Haftbefehle nicht ausgesetzt werden, erklärte der leitende Staatsanwalt Christian Schmidt-Sommerfeld.

Den Wildmosers wird vorgeworfen, Bestechungsgelder in Höhe von 2,8 Millionen Euro vom österreichischen Alpine Konzern erhalten zu haben. Dafür hätten die beiden interne Informationen an den Konzern weitergegeben, die diesem ermöglicht hätten, ein Angebot für den Bau der Allianz-Arena in Fröttmaning abzugeben, dass den Anforderungen des TSV 1860 und des FC Bayern entsprach. Der Alpine Konzern hat daraufhin den Zuschlag für den Bau erhalten. Von den gesamten Baukosten (280 Millionen Euro) ist dann ein Prozent an die beiden Helfer und mindestens vier weitere Mitwisser gegangen. Einer der beiden Helfer hat nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft bei der Vernehmung am Dienstag bereits gestanden.

Beraterrechnungen von Wildmoser

Aufgefallen sind die Unregelmäßigkeiten bereits im Herbst vergangenen Jahres. Eine vom Finanzamt angeordnete so genannte Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei einer der beteiligten Firmen hat Bewegungen auf den Konten ergeben, die durch Rechnungen über Beratertätigkeiten erklärt werden sollten. Allerdings erhärtete sich schnell der Verdacht, dass die Wildmosers hier nur Scheinrechnungen ohne wirkliche Gegenleistungen gestellt haben. Daraufhin leitete die Finanzbehörde den Fall an die Staatsanwaltschaft München I weiter. Das war Ende des vergangenen Jahres, so Schmidt-Sommerfeld am Dienstagnachmittag bei einer Pressekonferenz. Im Januar sei dann Münchens Oberbürgermeister Christian Ude in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender des TSV 1860 vernommen worden. Seitdem weiß er über die Vorwürfe Bescheid, zeigte sich in seiner ersten öffentlichen Reaktion schockiert und sprach von einem Schaden für den Fußball und die Stadt München.

Bislang 150 Ordner Beweismaterial

Unterdessen laufen die Ermittlungen gegen die beiden Hauptbeschuldigten und die Mitwisser und -täter weiter. Bislang hätten sich 150 Akten-Ordner zu sichtendes Beweismaterial angehäuft, womit das Ende aber noch nicht erreicht sei. Einige dieser Ordner stammen aus der Geschäftsstelle des FC Bayern München, die am Dienstag ebenfalls durchsucht wurde. Allerdings stehe kein Verantwortlicher dieses Vereins unter irgendeinem Verdacht, der mit dem Bestechungsskandal zusammenhängt, erklärt Schmidt-Sommerfeld. Auch einen Zusammenhang zwischen dem überraschenden Rücktritt von Prof. Fritz Scherer als Geschäftsführer der Allianz Arena GmbH wies er zurück. Der frühere Präsident des FC Bayern arbeitete in dieser Funktion mit Karl-Heinz Wildmoser jun. zusammen und war vor wenigen Tagen aus gesundheitlichen Gründen von diesem Posten zurückgetreten. Bei den Ermittlungen haben auf Grund von Durchsuchungsbeschlüssen des Amtsgerichts München mehr als 20 Staatsanwälte, mehr als 70 Kriminalbeamte und rund 30 Beamte der Steuerfahndung über 30 Büro- und Privaträume in München, Dresden, Frankfurt am Main, Salzburg und einigen Standorten in der Schweiz durchsucht, darunter auch das renommierte Architekturbüro Herzog de Meuron, das das Stadion entworfen hat. Allerdings hätten sich hier bislang keinerlei Hinweise auf eine Verwicklung des Büros in den Bestechungsskandal ergeben. Im Rahmen der internationalen Rechtshilfe leisteten die Polizeibehörden in Österreich und der Schweiz wertvolle Unterstützung, wie Johann Georg Koch, der Münchner Polizeivizepräsident, erklärte.

Stadionbau könnte sich "minimal verzögern"

Gegenwärtig konzentrieren sich die Ermittlungen auf die Herren Wildmoser und ihre Mitwisser sowie auf den Alpine Konzern. Die Untersuchungen würden in keiner Weise den Weiterbau des Stadions beeinträchtigen, lediglich "minimal verzögern", so Schmidt-Sommerfeld. Damit schließt er eine Neuausschreibung aus. Das Angebot des Alpine Konzerns ist aufgrund der Informationen von Wildmoser exakt so ausgefallen, dass es nicht teurer werden durfte und nicht billiger werden musste, um angenommen zu werden. Dabei hätte es möglicherweise billiger sein können. Hier ist den Bauherren, den beiden Vereinen, ein finanzieller Schaden entstanden, der mit Ausgleichszahlungen von Seiten des Alpine Konzerns im Zuge eines Zivilrechtsverfahrens wieder behoben werden könne, schätzt der Leitende Staatsanwalt. Während der Junior mit Aussagen zur Sache sein Strafmaß abmildert, hieß es, Wildmoser senior sei höflich, aber ansonsten unkooperativ. Jedenfalls habe er bis zum Dienstagnachmittag jede Aussage verweigert. Inzwischen hat Wildmoser junior ausgesagt, dass sein Vater von den Schmiergeldzahlungen nichts gewusst hätte. Er habe mit dem Geld seiner angeschlagenen Immobilienfirma in Ostdeutschland wieder auf die Beine helfen wollen. Die Staatsanwaltschaft bezweifelt, dass Wildmoser senior nichts gewusst hat.

Aussetzung des Haftbefehls nicht möglich

Da der Haftbefehl gegen ihn am Dienstagvormittag gegen neun Uhr vollstreckt wurde, muss er nun in Stadelheim auf den Fortgang der Ermittlungen warten. Karl-Heinz Wildmoser jun. wurde inzwischen in die JVA Augsburg überführt. Wie in solchen Fällen üblich, sei eine Aussetzung des Haftbefehls gegen Kaution nicht möglich. Sollte es zu einem Gerichtsverfahren kommen - zurzeit sprechen alle Anzeichen dafür - müssen die beiden Hauptverdächtigen mit Gefängnisstrafen rechnen. Während Wildmoser junior Bestechlichkeit, Untreue und Steuerhinterziehung vorgeworfen wird, muss sich sein Vater im Falle des Nachweises wegen Bestechlichkeit, Steuerhinterziehung und Beihilfe zur Untreue verantworten. Wer treibende Kraft hinter dem Skandal sei, müsse erst geklärt werden, erläuterte Schmidt-Sommerfeld. Auch sei noch nicht klar, ob Wildmosers zuerst auf den Alpine Konzern zugegangen seien oder umgekehrt. Tatsache ist, dass das Geld im Februar 2002 geflossen ist, gut ein halbes Jahr vor dem ersten Spatenstich.

Wie soll's weitergehen?

Die Karriere der Wildmosers dürfte wohl zu Ende sein. Der TSV 1860 München ist bereits auf der Suche nach einem Nachfolger für das Amt des Vereinspräsidenten. Erste Namen, die hier gehandelt wurden, waren der ehemalige bayerische Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Hans Zehetmair, der auch im Aufsichtsrat der Löwen sitzt, und der ehemalige Bundesfinanzminister und CSU-Chef Theo Waigel. Beim FC Bayern und der Stadt München wird man sich nun fragen, mit wem man sich da eingelassen hat. Sportlich wird der Skandal bei den Löwen auch nicht zu mehr Ruhe beitragen, das Nachmittagstraining ist am Dienstag schonmal ausgefallen. Und für einen potenziellen Zweitligisten ist die Allianz-Arena doch eine zu große Nummer.

Carsten Clever-Rott

Artikel vom 09.03.2004
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