Im neuen Berg-am-Laim-Kalender werden die 50er Jahre wieder wach

Freiheit auf 4 Rädern

Kurt Wagner heute und 1958 (rechts) neben seinem ersten Auto, dem Gutbrod, der in einer Autofabrik in Berg am Laim gefertigt wurde.	Fotos: ms, Privat

Kurt Wagner heute und 1958 (rechts) neben seinem ersten Auto, dem Gutbrod, der in einer Autofabrik in Berg am Laim gefertigt wurde. Fotos: ms, Privat

Made in Berg am Laim: Das gilt ncht nur für Kurt Wagner, sondern auch für sein erstes eigenes, selbstverdientes Auto, dem Gutbrod Standard »Superior«, die deutsche Variante des Fiat 500.

Dass der schmucke Kleinwagen aber in seiner unmittelbaren Nachbarschaft gebaut wurde, das wusste auch der heute 64-Jährige, gebürtige Berg am Laimer bis vor kurzem noch nicht. Jetzt findet sich die ganze Geschichte auf Hochglanzpapier im neuen Berg-am-Laim-Kalender, mit alten Fotos und passenden Texten rund um die 50er Jahre im Stadtteil. Seit dieser Woche ist er in Berg am Laimer Geschäften erhältlich. Ob Häkelbikini vor dem heimischen Zaun in der Mutschellestraße, eine blutjunge Maria Schell bei Filmaufnahmen im ehemaligen Kriegsgefangenenlager und späteren Flüchtlingslager oder die Erfolgsstory vom Firmenbesitzer Everhard Bungart, dem sein Schwiegervater Hugo Asbach die leer stehenden Räume der Branntweinfabrik Macholl in der Neumarkter Straße für eine Maschinenfabrikation zur Verfügung gestellt hatte, die Schmiede für den Gutbrod – die von Helmut Kolmeder und Erich Kasberger in dem Stadtteilkalender versammelten Erinnerungsstücke geben den Berg am Laimer Geist der Nachkriegszeit wider. Und so steht Wagner, der heute in der Au wohnt, neben seinem Traum aus Blech, sitzt stolz auf einem Motorrad mitten in der Maikäfersiedlung, umringt von Nachbarskindern, oder fläzt lässig mit seinen Kumpels samt Vespas vor den Türmen der Michaelskirche - immer mit gestärktem weißem Hemd und stets gut sitzendem Haupthaar samt Tolle. Männer und ihre Maschinen. Oder vielmehr Halbstarke. Denn für Wagner, der als 17-Jähriger Karosseriebauer lernte, bestand das Leben eigentlich nur aus Rock’n’Roll, heißen Schlitten und seinen Kumpels. »Wenn wir in der Clique waren, dann waren wir stark«, erinnert sich Wagner, »zu Hause und auf der Arbeit hat man immer nur Befehle bekommen.« Die Freiheit hatte für ihn damals vier Reifen. Auch wenn das Geld statt für die Spritztour in den neuesten Tanzschuppen manchmal nur für die Runde um den Block reichte – wenn alle zusammenlegten. Seit kurzem ist Wagner in Rente, und so meint er verschmitzt: »Jetzt kann ich da weitermachen, wo ich vor 40 Jahren aufgehört habe...« Michaela Schmid

Artikel vom 29.10.2003
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