Vorfreude auf das jüdische Kulturzentrum – Demo gegen Antisemitismus

Solidarität am Jakobsplatz

Der Schreck über den geplanten Anschlag saß den Politikern und Anwohnern noch in den Knochen, als am Samstag zu Solidarität aufgerufen wurde.	Foto: rkh

Der Schreck über den geplanten Anschlag saß den Politikern und Anwohnern noch in den Knochen, als am Samstag zu Solidarität aufgerufen wurde. Foto: rkh

Der Jakobsplatz – noch klafft hier eine hässliche Baulücke. Es ist die letzte offene Wunde der Nachkriegszeit in der Innenstadt. Bald jedoch soll er eine neue Heimat für den Neubau des jüdischen Gemeindezentrums werden.

Doch beinahe hätte die geplante Grundsteinlegung am 9. November in einer Katastrophe geendet. Mitglieder der rechtsradikalen »Kameradschaft Süd« um den Münchner Neonazi Martin Wiese hatten für diesen Tag vermutlich einen tödlichen Bombenanschlag geplant. Anfang September hatte die Polizei bei den Neonazis insgesamt 14 Kilogramm Sprengstoff sichergestellt. Am vergangenen Samstag bekundeten deshalb Politiker aller Parteien, Kirchenvertreter und Anwohner auf dem Jakobsplatz ihre Solidarität mit der jüdischen Bevölkerung. Insgesamt kamen mehr als tausend Menschen zur Kundgebung des Bündnisses für Toleranz um gegen Antisemitismus und Gewalt zu demonstrieren. Und so nannte Oberbürgermeister Christian Ude den geplanten Neubau der jüdischen Kultusgemeinde eben nicht nur eine städtebauliche, sondern vor allem eine große historische Chance. Denn es gehe darum, dem Judentum in der Stadt eine Heimat und eine Zukunftsperspektive zu geben. »Das Judentum gehört zur Stadtgesellschaft und das nicht in den Hinterhöfen, sondern an prominenter Stelle«, erklärte er die Bedeutung des Bauvorhabens am Jakobsplatz. Die Münchner hatten den Schreck noch nicht vergessen, zeigten sich aber glücklich über die Verhinderung des Anschlags und feierten begleitet von Klezmermusik ihre Vorfreude auf das neue jüdische Kultuszentrum. Der braune Sumpf habe zwar keinen Rückhalt in der Bevölkerung, sei aber dennoch eine Gefahr, erklärte Ude. Er hoffe, dass die Solidaritätskundgebung das letzte große Ereignis sei, das auf dem Platz stattfinde, bevor die Bauarbeiten beginnen. Auch die christlichen Kirchenvertreter, der Weihbischof Engelbert Siebler und die evangelische Regionalbischöfin Susanne Breit Kessler, zeigten sich betroffen über die rechtsextreme Gefahr, die durch den geplanten Anschlag im Herzen Münchens deutlich geworden ist. Die Regionalbischöfin nannte es beschämend, dass so eine Kundgebung 60 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs überhaupt noch notwendig sei. Während sich im benachbarten Kloster des »Ordens der armen Schulschwestern« niemand zu der Kundgebung äußern wollte, mahnte Siebler: »Wir müssen wachsam sein gegenüber denen, die den Frieden in unserer Stadt stören wollen.« Er schloss mit den Worten: »Betet um Frieden für Jerusalem, betet um Frieden für München.« Robert Huber

Artikel vom 23.10.2003
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