Polizei fahndet in Unterschleißheim/Lohhof nach Graffiti-Sprayern

Zu bunt getrieben

Cornelia Kemmerer vor ihrer »bemalten« Hauswand. Auch vor der Neugestaltung von Trafo-Kästen schrecken die Sprayer nicht zurück.

Cornelia Kemmerer vor ihrer »bemalten« Hauswand. Auch vor der Neugestaltung von Trafo-Kästen schrecken die Sprayer nicht zurück.

»Ich hab gedacht mich trifft der Schlag, als ich das gesehen habe.«

Cornelia Kemmer war geschockt, als sie Ende Juli ihre frisch gestrichene Hauswand mit Graffiti beschmiert vorfand. »Gerade mal fünf Tage war die Wand wieder schön weiß«, erzählt die Lohhoferin verärgert. »Ich habe natürlich die Jugendlichen hier aus der Gegend gefragt, ob die da was wüssten, aber da war nichts zu machen.

Also habe ich Anzeige erstattet.« Die 44-Jährige ergänzt: »Das Problem hatten wir vor ein paar Jahren schon einmal. Hoffentlich geht das jetzt nicht wieder los.«

»Einen solchen Trend können wir Gott sei Dank nicht erkennen«, beruhigt da Hauptkommissar Thomas Köglmayer, stellvertretender Dienststellenleiter der zuständigen Polizeiinspektion Oberschleißheim. »Das ist bis jetzt ein Einzelfall. Was wir da tun können, ist, den Fall aufzunehmen, die Augen offen zu halten und die »Tags«, die Schriftzüge der Sprayer, zu fotografieren.«

Die Fotos gehen dann an die »KoGra«, die Koordinierungsgruppe Graffiti. Diese setzt sich zusammen aus Kräften des Polizeipräsidiums München, zuständig für Stadt und Landkreis und des Bundesgrenzschutzes, zuständig für die Bahnbereiche in ganz Südbayern. »Wir rücken nicht selber aus, sondern übernehmen eher die Sachbearbeitung dieser Fälle«, erklärt Andreas Praß von der KoGra. »Wir katalogisieren die Fotos der »Tags« und können so ältere Taten eines Sprayers nachvollziehen, wenn dieser erst einmal gefasst ist.«

In diesem Fall drohen den meist jugendlichen Tätern hohe Geldbußen. Die Reinigung der illegal bemalten Wände müssen sie aus eigener Tasche bezahlen. Unterstützt werden sie dabei vom Verein »Brücke e.V.«

Wolfgang Goß von der »Brücke« hilft den Jugendlichen bei der Wiedergutmachung. »Wenn die Jugendlichen geständig sind und Reue zeigen, nehmen wir uns ihrer an. Die Staatsanwaltschaft gibt den Jugendlichen unter 21 Jahren die Möglichkeit, sich innerhalb von drei Wochen bei uns zu melden.« Goß schreibt dann die Geschädigten an.

Für die Sprayer gibt es verschiedene Möglichkeiten. »Entweder streichen sie selbst die beschädigten Wände, oder sie leisten einen Ersatzdienst für den Geschädigten«, erklärt Goß. »Bei den Stadtwerken müssen sie dann beispielsweise Straßenbahnen putzen. Das ist in jedem Fall besser als ein Strafverfahren.

Jugendliche könnten die hohen Strafen von ihrem Taschengeld ohnehin nicht abbezahlen. Die Geschädigten blieben auf ihrem Schaden sitzen.« Brücke e.V. stellt deshalb auch zinslose Darlehen zur Verfügung. So erhalten die Geschädigten ihr Geld und die Jugendlichen können nach und nach zurückzahlen.

Damit es aber erst gar nicht soweit kommt, versucht die Stadt Unterschleißheim den Jugendlichen auch legale Flächen zum Bemalen zur Verfügung zu stellen, damit die Kunst des Graffiti auch ohne Folgen ausgeübt werden kann. »Momentan laufen Vorbereitungen«, erklärt Eva Koyer, Leiterin des Schulamtes Unterschleißheim.

»Ab September sollen Wände zur Verfügung gestellt werden.« Zum einen in Zusammenarbeit mit dem Jugendzentrum »Gleis 1«. Zum anderen mit der Bahn, die die Bemalung einer Bahnunterführung genehmigen würde. Ganz legal. Ohne, dass einen dabei der Schlag treffen müsste. ta

Artikel vom 20.08.2003
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