Bezirksausschuss Au-Haidhausen für Weiße-Rose-Denkmal an Orleansstraße

Zaun mit Vergangenheit

Zaun an der Orleansstraße: Sophie Scholl verabschiedete dort 1942 ihre Freunde.	Fotos: G. J. Wittenstein, ms

Zaun an der Orleansstraße: Sophie Scholl verabschiedete dort 1942 ihre Freunde. Fotos: G. J. Wittenstein, ms

Haidhausen · Kaum jemand verirrt sich ohne triftigen Grund hierher. Denn das Rauschen des Verkehrs übertönt das Rauschen der Bäume am Rand der Orleansstraße.

Und auch wenn Hagebutten ranken – der Abschnitt zwischen Haidenauplatz und Ostbahnhof verleitet nicht gerade zum Lustwandeln. Für die meisten ist es einfach eine Durchgangsstraße, der man keine besondere Aufmerksamkeit schenkt.

Nicht weiter verwunderlich also, dass bis jetzt eigentlich niemand um die historische Bedeutung des schmiedeeisernen Zaunes entlang der Orleansstraße auf der Bahnhofseite wusste – auch nicht im Bezirksausschuss Au-Haidhausen (BA 5). Nun will das Stadtteilgremium dort ein Denkmal errichten – auf Anregung eines Münchner Bürgers.

Der hatte das Gitter im Februar auf einer Gedenkveranstaltung für die Mitglieder der Widerstandsgruppe »Weiße Rose« auf einem 61 Jahre alten Foto wiedererkannt. Darauf sieht man hinter jenem Zaun auf Höhe der jetzigen Orleansstraße 65 Sophie Scholl, die ihren Bruder Hans, Alexander Schmorell und Hubert Furtwängler am 23. Juli 1942 verabschiedet.

Während der Semesterferien arbeiteten sie an der Ostfront als Sanitäter. Um diese Zeit begannen die Freunde auch mit den berühmten Flugblättern gegen das Nazi-Regime. Nach der Verteilung des sechsten Flugblattes im Februar 1943 wurden die Geschwister Scholl und Alexander Schmorell verhaftet und zum Tode verurteilt.

Informationen und Erinnerung an eine der wenigen Widerstandsgruppen gegen die NS-Diktatur sollen nun in dem geplanten Denkmal lebendig werden. Als »Spur des Realen« könnte das historisch bedeutsame Foto mit dem noch existenten Zaun verschmelzen – oder besser mit einem Stück davon.

Denn der Zaun »wird im Zuge der Neubebauung verschwinden«, weiß Andreas Hübner von der BA-Grünen-Fraktion. Bekanntlich entsteht rund um den Ostbahnhof ein Wohn- und Arbeitsquartier. Derzeit laufen laut Hübner, Sprecher des Planungsausschusses im BA 5, die groben Strukturplanungen des Anfang letzten Jahres entschiedenen städtebaulichen Wettbewerbs. Für das geplante Denkmal sieht Hübner gute Chancen. Denn zwischen Orleansstraße und der Bahn sei ein Bebauungsgebiet sowie ein Anwohnerparkhaus geplant.

Entlang der Orleansstraße werde der jetzige Grünstreifen mit Radweg und Baumreihe verbreitert und »in diesem neuen Grünstreifen vor den Gebäuden könnte sich das Denkmal befinden«, so Hübner.

Und auch wenn die Bagger »wahrscheinlich nicht vor 2006« rollen, so seine Schätzungen, müsse »die Idee frühzeitig in die Planungen einbezogen werden.« ms

Artikel vom 28.05.2003
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