100 Jahre Kinderkrippe in der Adalbertstraße / Krippenmuseum geplant

Zeitzeugen und Dokumente gesucht

So sah es vor dem Krieg aus an der Adalbertstraße 106. Gesucht werden weitere Fotos, die die Entwicklung der Krippe dokumentieren.	Foto: LHM, Stadtarchiv

So sah es vor dem Krieg aus an der Adalbertstraße 106. Gesucht werden weitere Fotos, die die Entwicklung der Krippe dokumentieren. Foto: LHM, Stadtarchiv

Maxvorstadt · »Krippenanstalt« – die in Stein gemeißelten Lettern über dem Torbogen sind immer noch gut zu erkennen, obwohl sie vermutlich schon ein ganzes Jahrhundert alt sind.

Zwar ist die etwas strenge Bezeichnung »Anstalt« im allgemeinen Sprachgebrauch längst weggefallen, doch eine Kinderkrippe gibt es auch heute noch im Gebäude an der Adalbertstraße 106 – seit mittlerweile 100 Jahren. 1903 wurde hier, vermutlich unter der Trägerschaft eines sogenannten »Krippenvereins«, eine Tages-Betreuung für Babys und Kleinkinder eingerichtet.

»In den Akten taucht die Krippe anfangs immer unter dem Namen ›St. Joseph‹ auf«, erzählt die derzeitige Leiterin der Einrichtung, Monika Turanyi. Von 1912 bis 1939 seien, wenn auch ziemlich lückenhaft, die Jahresberichte des Krippenvereins überliefert. »Aber danach klafft bis zum Kriegsende eine große Lücke. Aus dieser Zeit wissen wir fast nichts.«

Im NS-Staat sei es wohl »nicht gerne gesehen«, wenn nicht gar »tabu« gewesen, seine Kinder aus dem Haus zu geben, vermutet Monika Turanyi. Daher war die Krippe während des Zweiten Weltkrieges möglicherweise ganz geschlossen. Nach Kriegsende übernahm dann die Stadt München die Trägerschaft und sorgte unter anderem auch dafür, dass die weitere Entwicklung der Einrichtung seitdem gut dokumentiert ist.

»Für die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg suchen wir aber noch dringend Zeitzeugen und Dokumente«, betont Monika Turanyi. Zusammen mit engagierten Eltern bereitet sie derzeit eine Festschrift und eine Ausstellung zum 100-jährigen Jubiläum der Krippe vor, das von 17. bis 24. Oktober gefeiert wird.

Dann soll es in der Adalbertstraße 106 ein »Krippenmuseum« der etwas anderen Art geben: mit Bettchen, Schaukeln, Spielhöschen und Spielsachen von anno dazumal, die Monika Turanyi schon zusammengesammelt hat.

Von ehemaligen Kolleginnen, vor allem von ihrer Vor-Vorgängerin, die über 30 Jahre lang in der Krippe tätig war, hat sie auch einige alte Fotografien bekommen. Und im Stadtarchiv wurden sogar zwei Fotos aufgestöbert, die noch aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg stammen. Seit damals hat sich nicht nur in der Umgebung des Gebäudes viel verändert, sondern auch in der Einrichtung selber. »Früher, als die Säuglingssterblichkeit allgemein noch viel höher war, standen Gesundheit und Hygiene im Vordergrund«, berichtet Monika Turanyi. »Die Kinder bekamen in der Krippe, zur Schonung der eigenen Wäsche, frische Kleidung angezogen und wurden gebadet, weil man ja meistens noch keine Bäder zu Hause hatte.«

Mittlerweile hat sich der Schwerpunkt längst hin zur pädagogischen Betreuung und Förderung der Kinder verlagert. »Wir sehen Babys nicht mehr als hilflose Wesen, sondern als kompetente Persönlichkeiten, die uns klare Signale geben, was sie wollen und brauchen«, beschreibt Turanyi die Philosophie des Hauses. Natürlich werden die Kinder auch weiterhin mit Essen versorgt, gewickelt und sauber gehalten, aber zugleich werden sie auch zur Selbständigkeit und zur Kreativität erzogen. – Jede Zeit hat eben ihre speziellen Bedürfnisse und Methoden.

Wie diese sich im Laufe von 100 Jahren entwickelt haben, soll die Jubiläums-Festschrift und -Ausstellung dokumentieren. Doch dafür suchen die Organisatoren noch fieberhaft nach Fotos, Schriftstücken und vor allem Zeitzeugen, die ein paar Lücken in der Geschichte der Krippe stopfen können.

Bitte melden bei Monika Turanyi unter der Telefonnummer 271 12 37 oder bei Petra Naß unter E-Mail petra@kayser-nass.com. rme

Artikel vom 22.05.2003
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