Pfarrei St. Sylvester Schwabing zeigt heiliges Grab im Jugendstil

Kirchenschatz entdeckt

Fast 60 Jahre auf dem Speicher: Das Heilige Grab aus St. Sylvester.	Foto: aw

Fast 60 Jahre auf dem Speicher: Das Heilige Grab aus St. Sylvester. Foto: aw

Schwabing · Pfarrer Josef Schlossnikel staunte nicht schlecht, als er im vergangenen Jahr beim Entrümpeln des Speichers von St. Sylvester in der Biedersteiner Straße 1 einen besonderen Schatz entdeckte:

Die Einzelteile eines Heiligen Christus-Grabes aus der Zeit des Jugendstils. »Es war eine dicke Staubschicht darauf. Als ich die Stücke in die Hand nahm, merkte ich, dass sie aus der Kirche stammen müssen«, erzählt Schlossnikel. Tatsächlich ist die künstlerische Grabanlage fast vollständig erhalten und besteht, neben der Figur des toten Christus, aus zwei flankierenden Engeln. »Die kunsthistorische Bedeutung ist von Fachleuten belegt«, betont auch Winfried Röhmel, Pressesprecher des Bischöflichen Ordinariats. Wie Altschwabinger Bürger dem Pfarrer berichteten, wurde das Heilige Grab 1946 das letzte Mal aufgestellt. Dann geriet es wohl im Laufe der Jahrzehnte in Vergessenheit: »Ich wusste zwar, dass auf dem Speicher eine Menge Zeug liegt, aber von dem Heiligen Grab wusste ich nichts«, so Schlossnikel. Zur Besonderheit der Anlage gehört, dass es Münchens einziges Heilige Grab aus der Zeit des Jugendstils vor rund 100 Jahren ist. »Fachleute sagen, dass man kaum noch aus dieser Zeit ein so gut erhaltenes Heiliges Grab findet«, erklärt Schlossnikel. Die Tradition des Heiligen Grabes geht bis auf das frühe Mittelalter zurück. Das Grab Jesu in Jerusalem galt den Christen seit frühester Zeit als besonders heiliger Ort. So wurde im 4. Jahrhundert über der Stelle an der man das Grab Christi vermutete, eine Kirche errichtet. Als Folge der Pilgerfahrten nach Jerusalem wurden schon im 10. Jahrhundert in größeren Kirchen in der Krypta oder in einer Seitenkapelle Grabbauten als Nachbildungen des Heiligen Grabes in Jerusalem aufgestellt. Am Karfreitag und am Karsamstag hielten die Gläubigen dort Gebetswachen. In der Osternacht wurde dann die Figur des im Grab liegenden Christus durch eine Darstellung des Auferstandenen abgelöst. In den 1960er-Jahren geriet die Tradition von Gründonnerstag bis Karsamstag ein Heiliges Grab zu errichten fast in Vergessenheit. »Man hat das damals wohl als Kitsch empfunden«, vermutet Röhmel. Mittlerweile wird dieser Brauchtum jedoch in vielen bayerischen Kirchen wieder gepflegt. Auch Pfarrer Schlossnikel möchte künftig jedes Jahr in der Karwoche das Heilige Grab in der Kirche zeigen: »Aber erst muss es noch restauriert werden. Ich hoffe, dass wir die Kosten verkraften werden«. Zu sehen ist der Kirchenschatz in diesem Jahr noch bis zum 4. Mai täglich von 7 Uhr bis 19 Uhr im alten Teil der Kirche. aw

Artikel vom 23.04.2003
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