Bürgergutachten zum Pilotprojekt »Mobil im Stadtteil«

Bürger machen mobil

Ludwigs-/ Isarvorstadt · Meckern kann jeder. Doch effektive Lösungsvorschläge zu machen, die noch dazu technisch und finanziell umsetzbar sind, das ist eine andere Sache. –

Vor allem, wenn es um ein so schwieriges und komplexes Thema geht wie die Verkehrsplanung in der Münchner Innenstadt. – Und erst recht, wenn man wie die Bürgerinnen und Bürger der Ludwigs- und Isarvorstadt als Pionier unterwegs ist.

Ein halbes Jahr lang haben diese im Rahmen des vom Stadtrat in Auftrag gegebenen Pilotprojekts »Mobil im Stadtteil« neue bzw. bessere Wege im Nahverkehr gesucht und getestet. Die Ergebnisse, zusammengefasst in einem rund 120 Seiten starken Bürgergutachten, präsentierten sie letzte Woche Bürgermeister Hep Monatzeder, dem Schirmherrn des »Münchner Bündnisses für Ökologie«, von dem die Anregung für das Projekt ausging.

Dass Bürger Planungsabläufe in ihrem Viertel selbst ausarbeiten – so etwas habe es in München noch nie gegeben, betonte Monatzeder bei der Übergabe. Besonders erfreut zeigte er sich über die rege Bürgerbeteiligung: Mehr als 500 Anregungen sind nach Angaben von Projektleiterin Kerstin Langer in das Gutachten eingeflossen. Gesammelt wurden die Vorschläge hauptsächlich im Rahmen von zwei »Bürgerforen« und sieben »Stadtteiltouren«.

Groß und klein waren dabei auf den Beinen bzw. Rädern, um die Ludwigs- und Isarvorstadt verkehrstechnisch zu erkunden. Die Kindergruppe »Isarkiesel« zum Beispiel steuerte in ihrem »Stadtteilspaziergang« zielsicher auf die Problemstellen zu - etwa an der Ecke Kapuziner-/ Pestalozzistraße: »Wir haben gemerkt, dass da viel zu kurz grün ist«, erklärten Jarmila und Caspar, beide 5 Jahre alt, dann auch ohne Umschweife dem Bürgermeister. Besonders problematisch sei dabei, dass die Autos hier sehr schnell führen, ergänzte Erzieherin Susanne Magnus.

Ältere und gehbehinderte Menschen wünschen sich indessen mehr Aufzüge bzw. besser gewartete Rolltreppen an Unterführungen und U-Bahnhöfen. Außerdem, hätten die Senioren auf ihrem Stadtteilspaziergang immer wieder die Aufstellung von Bänken angeregt, wusste Hermann Kirchner vom Alten- und Service-Zentrum Isarvorstadt zu berichten. »Viele planen sich ihren Weg durch die Stadt danach, wo überall Gelegenheiten zum Verschnaufen sind«, so Kirchner. Mögliche Standorte für Bänke, die aus dem Etat des Bezirksausschusses oder durch Sponsoren finanziert werden könnten, wären etwa beim Klohäusl in der Holzstraße oder am Stephansplatz.

Was die Radfahrer betrifft, so empfiehlt das Bürgergutachten unter anderem, alle Einbahnstraßen in Tempo 30-Zonen für den Radverkehr zu öffnen und die Lücken im bestehenden Radwegenetz zu schließen, etwa in der Paul-Heyse-Straße zwischen Schwanthaler- und Bayerstraße.

Und auch neue Mobilitätsformen wie das Inline-Skating sind in der Mobilitäts-Studie nicht vergessen: So wird vorgeschlagen, künftig bei Ausbesserungsarbeiten an Kopfsteinpflaster-Straßen zumindest einige Betonplatten als »Skater-Spur« einzufügen. In welchem Ausmaß die vielen konstruktiven Vorschläge der Bürger allerdings tatsächlich realisiert werden, können, steht noch in den Sternen.

Nach Prüfung durch die Stadtverwaltung werde das Gutachten wohl noch vor der Sommerpause den Stadtrat passieren, kündigte Bürgermeister Monatzeder an. »Doch der steht dann vor der schweren Entscheidung, wie viele Mittel derzeit für die Realisierung eingesetzt werden können.« rme

Artikel vom 06.03.2003
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